Nettschunen (Kr.Ragnit): Unterschied zwischen den Versionen

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=== Anfänge des Dorfes ===
 
Nettschunen gehört zu den ältesten Dörfern des Kirchspiels [[Groß Lenkeningken]]. Daß zumindest der Ortskern des Dorfes mehrere hundert Jahre existiert, wird nicht nur durch einige mehrere Jahrhunderte alte Häuser bewiesen, die bei der Räumung dieses ausgesprochenen Bauerndorfs 1944 noch standen und wahrscheinlich aus der Zeit der Einwanderung der Salzburger im Jahre 1732 stammen, sondern auch durch alte Urkunden aus den Ragniter Kirchenbüchern.
 
Neueren Datums sind in Nettschunen die Abbauten, die an [[Groß Lenkeningken]] und [[Klein Lenkeningken]] angrenzen. Diese gehörten früher zur sogenannten Kupstinus, die est vor etwa 130 Jahren urbar gemacht und bebaut wurde.
 
=== Erster und Zweiter Weltkrieg ===
 
Über Verluste im Ersten Weltkrieg ist nur bekannt, dass unter den Soldaten einige Gefallene zu verzeichnen waren. Zivilpersonen sind keine ums Leben gekommen.
 
Der Zweite Weltkrieg hat erhebliche Opfer gefordert. Viele junge Männer aus Nettschunen sind im Kampf gefallen oder in der Gefangenschaft gestorben. Es waren dies: Kurt Becker, Bruno Fergee, Arno Fuchs, Willy Englins, Werner Hungerecker, Erich Maurer, Egon Müller, Alfred Nekat, Arno Nekat, Erich Nekat, Siegfried Pieck, Oskar Rimkus und Heinz Sillus. <ref name=hofer>Ernst Hofer, Am Memelstrom und Ostfluß, Düsseldorf 1967</ref>
 
=== Räumung ===
 
Die Zivilbevölkerung des Dorfes Nettschunen erhielt am 12.10.1944 den Räumungsbefehl und am 14.10.1944 setzte sich ein Treck unter dem Bezirksbauernführer Pieck zu dem vorgesehenen Aufnahmeort Schillgehnen, Kreis Braunsberg, in Bewegung. Nach wenigen Tagen hatte der Treck den Kreis Braunsberg ohne besondere Vorkommnisse erreicht. In Schillgehenen blieben die meisten Nettschuner bis zum Näherrücken der Russen und der im Februar angesetzten Räumung von Stadt und Land Braunsberg.
 
Es begann nun mit der Fahrt über das schon brüchig werdende Eis des Frischen Haffs als letzter Fluchtweg für die Trecks aus der ostpreußischen Heimat eine wahre Leidenszeit und es erreichten, ohne von den Russen später überrollt zu werden, nur wenige Familien das westliche Ufer der Elbe und damit die eigene Sicherheit.
 
So verlor Herr Gudjons vor Stutthof seinen Schwiegervater, es verstarben auf der Flucht Helene Fergee, Albert August und Ferdinand Meyer. Die Russen erschossen in Sadlacken Frau Erna Nekat und trieben folgende von ihnen überrollte Familien in ihren Heimatort zurück: Max Gudjons und Frau, Karl Rasokat und Frau, Christoph Philepeit nebst Frau und der verheirateten Tochter Emma Wermbter, Frau Emma Rieck und Frau Auguste Lokau mit ihren vier Kindern. Dort in der Heimat sind dann an den Entbehrungen verstorben das Ehepaar Philepeit und Frau Gudjons.
 
Letztere war zusammen mit ihrem Mann mit dem Wagen bis Schmellnow bei Karthaus in Westpreußen gekommen, wo sie bei den Russen Pferde und Wagen sowie den größten Teil ihrer Habseligkeiten loswurden. Die Polen haben dann, als sie am 28.05.1945 wieder zur Rückkehr in die Heimat aufbrachen, ihnen die letzten Habseligkeiten geraubt, sogar die Medizin von Frau Gudjons, die sie sehr nötig brauchte.
 
Anderen Familien ging es nicht viel besser. Die Familien Rasokat, Gudjons und Frau Lokau mit ihren Kindern trafen etwa zu gleicher Zeit, Anfang Juni 1945, teilweise nur einen Handwagen hinter sich herziehend, in Nettschunen ein, etwas später kamen die anderen Nettschuner, Lenkeninker usw.., teilweise, wie Straßenwärter Kalkus und Wilhelm Blank, zu Fuß mit dem Handwagen aus Sachsen.
 
Zurück in der Heimat grüßten viele abgebrannte Gehöfte und in jedem Ort eine rote Tafel mit schwarzer Schrift, die die Russen angebracht hatten mit der Aufschrift: “Deutsche, jetzt heißt es arbeiten, ob die Menschenwürde zu erwerben.<br>Jeder Heimkehrer wußte nun, was ihm blühen würde.
 
Rasokat und Gudjons haben, in der Heimat angekommen, mit einem Dreschkasten bei Hungerecker, dann bei Juschka, Scheide und Pieck gedroschen, so lange etwas da war. Im August schon hörte es damit auf und nun lebten alle, die dort waren, versehen mit Roggen und Kartoffeln, doch ohne ein Gramm Fett bis zum März 1946. Als eine Kolchose eingerichtet werden sollte, siedelten sie nach [[Groß Lenkeningken]] über und arbeiteten im dortigen Sägewerk Kröhnert bis zu ihrer Ausweisung durch die Russen.
 
Doch vorher, am 08.05.1946, brannten Zivilrussen noch die Scheune von Herrn Gudjons ab und alle Sachen, die notdürftig gesammelt und in der Scheune versteckt gewesen waren, darunter etwa 10 Zentner Korn, verbrannten restlos. Russische Soldaten rissen noch das letzte weg, und die in Nettschunen gepflanzten Kartoffeln, Bohnen, Erbsen und Gemüse durften nicht nach [[Groß Lenkeningken]] mitgenommen werden. <ref name=hofer/>
 
<!-- == Genealogische und historische Gesellschaften == -->
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<!-- === Genealogische Gesellschaften === -->
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Version vom 13. Mai 2012, 09:17 Uhr

Vorlage:Begriffserklärungshinweis

Diese Seite gehört zum Portal Tilsit-Ragnit und wird betreut von der Familienforschungsgruppe Tilsit-Ragnit.
Nettschunen Schrift.jpg


Hierarchie


Ansichtskarte aus Dammfelde (bis 1938 Nettschunen)
Getreideernte im Kreis Tilsit-Ragnit
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Erntezeit in Ostpreußen
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Kinder in Ostpreußen


Einleitung

Nettschunen, 1938 in Dammfelde umbenannt, wird von Klein Lenkeningken, Groß Lenkeningken, Lobellen, Ackerbach (Dirwonuppen), Fuchshöhe (Jucknaten), und Unter-Eißeln-Trakas umgrenzt. Das kleine Dorf liegt südöstlich von Ragnit nicht weit von der Lasdehner Chaussee entfernt. Bis zum Kirchspielort Groß Lenkeningken waren es fünf Kilometer.

Name

Nettschunen (Kreis Ragnit), Ostpreußen

Andere Namen und Schreibweisen

Namensdeutung

Nettschunen bedeutet unsauber.

  • preußisch-litauisch "nečiuinus" = unsauber, unreinlich, häßlich

Allgemeine Information

  • Dorf, 20 km südöstlich von Tilsit, 1939: 247 Einwohner, gegründet 1732 [1]

Politische Einteilung / Zugehörigkeit.

Kirchliche Zugehörigkeit

Geschichte

Anfänge des Dorfes

Nettschunen gehört zu den ältesten Dörfern des Kirchspiels Groß Lenkeningken. Daß zumindest der Ortskern des Dorfes mehrere hundert Jahre existiert, wird nicht nur durch einige mehrere Jahrhunderte alte Häuser bewiesen, die bei der Räumung dieses ausgesprochenen Bauerndorfs 1944 noch standen und wahrscheinlich aus der Zeit der Einwanderung der Salzburger im Jahre 1732 stammen, sondern auch durch alte Urkunden aus den Ragniter Kirchenbüchern.

Neueren Datums sind in Nettschunen die Abbauten, die an Groß Lenkeningken und Klein Lenkeningken angrenzen. Diese gehörten früher zur sogenannten Kupstinus, die est vor etwa 130 Jahren urbar gemacht und bebaut wurde.

Erster und Zweiter Weltkrieg

Über Verluste im Ersten Weltkrieg ist nur bekannt, dass unter den Soldaten einige Gefallene zu verzeichnen waren. Zivilpersonen sind keine ums Leben gekommen.

Der Zweite Weltkrieg hat erhebliche Opfer gefordert. Viele junge Männer aus Nettschunen sind im Kampf gefallen oder in der Gefangenschaft gestorben. Es waren dies: Kurt Becker, Bruno Fergee, Arno Fuchs, Willy Englins, Werner Hungerecker, Erich Maurer, Egon Müller, Alfred Nekat, Arno Nekat, Erich Nekat, Siegfried Pieck, Oskar Rimkus und Heinz Sillus. [3]

Räumung

Die Zivilbevölkerung des Dorfes Nettschunen erhielt am 12.10.1944 den Räumungsbefehl und am 14.10.1944 setzte sich ein Treck unter dem Bezirksbauernführer Pieck zu dem vorgesehenen Aufnahmeort Schillgehnen, Kreis Braunsberg, in Bewegung. Nach wenigen Tagen hatte der Treck den Kreis Braunsberg ohne besondere Vorkommnisse erreicht. In Schillgehenen blieben die meisten Nettschuner bis zum Näherrücken der Russen und der im Februar angesetzten Räumung von Stadt und Land Braunsberg.

Es begann nun mit der Fahrt über das schon brüchig werdende Eis des Frischen Haffs als letzter Fluchtweg für die Trecks aus der ostpreußischen Heimat eine wahre Leidenszeit und es erreichten, ohne von den Russen später überrollt zu werden, nur wenige Familien das westliche Ufer der Elbe und damit die eigene Sicherheit.

So verlor Herr Gudjons vor Stutthof seinen Schwiegervater, es verstarben auf der Flucht Helene Fergee, Albert August und Ferdinand Meyer. Die Russen erschossen in Sadlacken Frau Erna Nekat und trieben folgende von ihnen überrollte Familien in ihren Heimatort zurück: Max Gudjons und Frau, Karl Rasokat und Frau, Christoph Philepeit nebst Frau und der verheirateten Tochter Emma Wermbter, Frau Emma Rieck und Frau Auguste Lokau mit ihren vier Kindern. Dort in der Heimat sind dann an den Entbehrungen verstorben das Ehepaar Philepeit und Frau Gudjons.

Letztere war zusammen mit ihrem Mann mit dem Wagen bis Schmellnow bei Karthaus in Westpreußen gekommen, wo sie bei den Russen Pferde und Wagen sowie den größten Teil ihrer Habseligkeiten loswurden. Die Polen haben dann, als sie am 28.05.1945 wieder zur Rückkehr in die Heimat aufbrachen, ihnen die letzten Habseligkeiten geraubt, sogar die Medizin von Frau Gudjons, die sie sehr nötig brauchte.

Anderen Familien ging es nicht viel besser. Die Familien Rasokat, Gudjons und Frau Lokau mit ihren Kindern trafen etwa zu gleicher Zeit, Anfang Juni 1945, teilweise nur einen Handwagen hinter sich herziehend, in Nettschunen ein, etwas später kamen die anderen Nettschuner, Lenkeninker usw.., teilweise, wie Straßenwärter Kalkus und Wilhelm Blank, zu Fuß mit dem Handwagen aus Sachsen.

Zurück in der Heimat grüßten viele abgebrannte Gehöfte und in jedem Ort eine rote Tafel mit schwarzer Schrift, die die Russen angebracht hatten mit der Aufschrift: “Deutsche, jetzt heißt es arbeiten, ob die Menschenwürde zu erwerben.
Jeder Heimkehrer wußte nun, was ihm blühen würde.

Rasokat und Gudjons haben, in der Heimat angekommen, mit einem Dreschkasten bei Hungerecker, dann bei Juschka, Scheide und Pieck gedroschen, so lange etwas da war. Im August schon hörte es damit auf und nun lebten alle, die dort waren, versehen mit Roggen und Kartoffeln, doch ohne ein Gramm Fett bis zum März 1946. Als eine Kolchose eingerichtet werden sollte, siedelten sie nach Groß Lenkeningken über und arbeiteten im dortigen Sägewerk Kröhnert bis zu ihrer Ausweisung durch die Russen.

Doch vorher, am 08.05.1946, brannten Zivilrussen noch die Scheune von Herrn Gudjons ab und alle Sachen, die notdürftig gesammelt und in der Scheune versteckt gewesen waren, darunter etwa 10 Zentner Korn, verbrannten restlos. Russische Soldaten rissen noch das letzte weg, und die in Nettschunen gepflanzten Kartoffeln, Bohnen, Erbsen und Gemüse durften nicht nach Groß Lenkeningken mitgenommen werden. [3]


Verschiedenes

Bewohner um 1736

Nassauer und Franken

Christoph Hungerecker

Halberstädter, Pommern, Märker und andere Deutsche

Hans Heinrich Märding, Christoff Rubbel, Christoff Bruchling, Christoph Schrader, Henning Bluhm, Johann Heinrich Bluhm, Andres Schrader

Karten


‘‘Netschunen‘‘ auf der Schroetterkarte (1796-1802), Maßstab 1:50 000
© Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Nettschunen auf dem Messtischblatt Budwethen (Stand 1934)


Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

GOV-Kennung DAMLDEKO14CX
Name
  • Nečiūnai Quelle (${p.language})
  • Nettschunen (- 1938-06-02) Quelle (${p.language}) Quelle (${p.language})
  • Dammfelde (1938-06-03 -) Quelle (${p.language})
  • Нетчунен (1945) Quelle (${p.language})
  • Тушино (1946 -) Quelle (${p.language})
Typ
  • Wohnplatz
Postleitzahl
  • RUS-238712 (1993)
w-Nummer
  • 50239
Karte
   

TK25: 1099

Zugehörigkeit
Übergeordnete Objekte

Bolschesselskij Dorfsowjet, Большесельский сельский Совет (1993) ( Dorfrat) Quelle

Nettschunen, Dammfelde (Ostpr.) (- 1945) ( LandgemeindeGemeinde) Quelle Quelle

Groß-Lenkeningken (1907) ( Kirchspiel) Quelle S.254/255

Untergeordnete Objekte
Name Typ GOV-Kennung Zeitraum

Quellen

  1. Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
  2. Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
  3. 3,0 3,1 Ernst Hofer, Am Memelstrom und Ostfluß, Düsseldorf 1967