Holthorster Weg in Platjenwerbe
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Da in den Adreßbüchern von 1965 und 1969 nicht ersichtlich ist, wer der Eigentümer des Hauses ist, werden alle Personen alphabetisch aufgeführt.
Die Daten zu dem Jahr 1998 entstammen dem Telephonbuch. Hier kann es sein, daß die Person, die dort eingetragen ist, schon verstorben ist, aber der Anschluß nicht umgemeldet wurde. Die Erfassung des Jahres 1998 ist noch nicht abgeschlossen.
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Haus Nr.59 (Greune, Rehling, Stuber, Westerkamp, Henze, Lang, Cantacuzene, Müller-Pearse)
- 1917: Müller-Pearse, Franzis, Ehefrau, * 5. April 1872 meldet sich an in Platjenwerbe am 9. März 1917, aus G. Moor Nr. 50 kommend. Die Abmeldung erfolgt am 14. August 1917.
- 1918: Müller-Pearse, Heinrich, Kaufmann, meldet sich ab aus Platjenwerbe am 3. August 1918, zukünftiger Wohnort ist Bremen.
- 1923/24: Müller-Pearse, Sophie, * 9 Mai 1906 in Bremen, meldet sich am 13. April 1923 nach Mulchow in Mecklenburg und am 28. Mai 1924 als Haustochter nach München ab.
- 1928: Müller-Pearse, Heinrich, Kaufmann (Haus Nr. 59)
- 1965: Cantaczuene, Wolfgang, kaufmännischer Angestellter
- 1969: Greune, Karl-Heinrich, Dozent, Henze, Hans-Jürgen, Polizeibeamter, Lang, Walter, Dr.med., Arzt, Spiegel, Karl, Westerkamp, Karl-Jobst, Dr., Arzt
- 1998: Greune, Karl H., Prof., Rehling, Franz, Stud.-Rat, Stuber, Franz, Dipl.oec.
- 2000: Krawitz, Walter, Bremen-Grohn
- 2001: Wessels, Bernd-Artin, Generalkonsulat von Ecuador
- 2008: Gebrüder Thiele GmbH & Co. KG
Aus zwei Zeitungsartikeln in de Bremer Nachrichten vom 16. Februar 2001: "Es war eine herrschaftliche Idylle" und 14. April 2001: "Es war eine herrschaftliche Idylle" von Manfred Wurthmann
Ein Haus mit reichem Innenleben Handelskammer-Vizepräses Bernd-Artin Wessels lässt Villa im alten Stil sanieren
"Ein Glücksfall für die Denkmalsbehörde, wenn ein Bauherr die gleichen Ziele verfolgt wie wir", urteilt der Denkmalschützer Jörg Fanelli. Er freut sich über die Schützenhilfe: Bernd-Artin Wessels, Vizepräses der Handelskammer, hat eine alte Kaufmannsvilla in Leuchtenburg erworben. Jetzt wird das Haus originalgetreu wieder hergerichtet.
Es ist ein wahres Schatzkästchen. Auf einer Wohnfläche von 600 Quadratmetern und auf zwei Etagen findet sich am Holthorster Weg in Leuchtenburg, ein paar Meter hinter der Landesgrenze, eine Fülle kunsthistorisch und innenarchitektonisch interessanter Details. Sie lassen sich allerdings keiner klaren Stilepoche zuordnen. Das Gesamtkunstwerk bewegt sich zwischen Spätromatik, Historismus und Jugendstil.
Üppige Schnitzereien an den Treppenaufgängen, farbenfrohe Bleiglaseinsätze in den Fenstern, Stuckornamente an den Decken, immer wieder kleinere oder größere Gemälde auf dem Putz, alte Kacheln - das Haus hat die Atmosphäre aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende ins dritte Jahrtausend transportiert. Viele prächtige Details sind gut erhalten, vieles ist allerdings noch zu tun.
Der Baumwollfabrikant Heinrich Müller-Pearse ließ das Haus 1908 bauen und wohnte dort mit seiner Ehefrau, der begabten Pianistin Frances Pearse.
"Er war ein nobler Mensch, großzügig und sozial eingestellt", sagt der Platjenwerber Hans-Heinrich von Hollen. Die Rede ist von Heinrich Müller-Pearse. Der im wahrsten Wortsinn gutbetuchte Baumwollkaufmann prägte das Leben in der kleinen Ortschaft gleich hinter der Landesgrenze jahrzehntelang, er starb 1947 in Platjenwerbe. Seine herrschaftliche Villa hat Bernd-Artin Wessels erworben, Vizepräses der Handelskammer. Er lässt sie gerade originalgetreu wiederherstellen. Nach Abschluss dieser Arbeiten wird Hans-Heinrich von Hollen sich vermutlich die Augen reiben. Er hat seine Kindheit auf dem Anwesen von Müller-Pearse verbracht.
"Mein Vater war Chaffeur bei Heinrich Müller-Pearse", erzählt der ehemalige Bankkaufmann. Seit seiner Geburt im Jahre 1929 und bis 1960 bewohnte Hans-Heinrich von Hollen mit seiner Familie das sogenannte Hofmeierhaus auf dem Buchenhof - so hatte der Besitzer das Anwesen im Holthorster Weg benannt. Von Hollen erlebte dort eine idyllische Kindheit. Er erinnert sich an das herrschaftliche Leben der Familie Müller-Pearse. Heinrich und seine Frau Frances - eine begabte Pianistin und Tochter eines englischen Wertbesitzers - lebten zurückgezogen, aber kultiviert in ihrer Villa. Nachdem der Kaufmann das Grundstück 1910 gekauft hatte und das prächtige Gebäude bauen ließ, entwickelte er es zu einem Kristalisationspunkt des kulturellen Lebens in Bremen. Zu den Stammgästen der Familie Müller-Pearse gehörten unter anderem Heinrich Vogeler und der Schiftsteller und Architekt Rudolf Alexander Schröder. Vogeler gestaltete im Haus seines Gastgebers ein "Zimmer für eine junge Frau" - es kann heute im Focke-Museum [1] bewundert werden.
Zurück zu der Chauffeurs-Familie: "Der Park gehörte uns, wir sind durch die Villa getobt, auf dem Tennisplatz der Familie haben wir Bälle geklaut", erinnert sich Hans-Heinrich von Hollen an seine Kinderstreiche. Der Besitzer trug diese Diebstähle offenbar mit Gelassenheit: "Wenn wir ihn trafen, drückte er uns fünf Mark in die Hand", sagt von Hollen.
Immer wieder lobt er das soziale Engagement des Kaufmanns. Der gründete eine kulturelle Stiftung, unterstützte die Gemeinde Platjenwerbe mit viel Geld, war großzügig zu seinen Angestellten. "Müller-Pearse fühlte sich für seine Umgebung verantwortlich und hatte die Mittel, sie zu fördern", erklärt Hans-Heinrich von Hollen. Dabei wollte Müller-Pearse aber im Verborgenen wirken und lehnte es ab, als Spender namentlich in Erscheinung zu treten. Er sei der personifizierte "königliche Kaufmann" gewesen - so charakterisiert von Hollen den Arbeitgeber seines Vaters. Noch heute erinnert ein Handelshaus in der Bremer Baumwollbörse an den Gründer dieses Unternehmens.