Bolkenhain/Geschichte der Bolkoburg/E-Book
Geschichte
der
Bolkoburg bei Bolkenhain.
Nach archivalischen Quellen bearbeitet von
Heinrich Schubert
Lehrer an der Augustaschule in Breslau.
2. Auflage.
Schweidnitz.
Verlag von Georg Brieger.
Vorwort.
Seitdem die Stadt Bolkenhain in das schlesische Eisenbahnnetz hineingezogen worden ist, hat sich mit der Zahl ihrer Besucher auch das Interesse an der Geschichte der unmittelbar über ihr gelegenen, höchst romantischen Bolkoburg wesentlich gesteigert. Dem geschichtlichen Bedürfnisse können hier jedoch weder die veralteten und zum Teil mit Hosemannschen Fabeln vermischten „Bolkenhainschen Denkwürdigkeiten von B. G. Steige, Hirschberg 1795“ und die „Vaterländischen Bilder von K. A. Müller, 2. Aufl., Glogau 1844“ genügen, noch viel weniger aber die „Chronik von Bolkenhain von Dr. Teichmann“ und zwei neuere, wesentlich nur auf Steigescher Grundlage beruhende literarische Erzeugnisse, von denen das eine der Geschichte der Bolkoburg 12 und das andere 9 Seiten in kleinstem Oktav widmet.
Aus diesem Grunde übergebe ich hiermit eine nach archivalischen Quellen bearbeitete „Geschichte der Bolkoburg“ der Öffentlichkeit. Indem ich bemerke, daß das Material dazu fast ausschließlich dem Königl. Staatsarchive zu Breslau und den Veröffentlichungen des „Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens“ entnommen ist, erfülle ich gleichzeitig die angenehme Pflicht, Herrn Archivrat Dr. Pfotenhauer für die mir jederzeit freundlichst erwiesene Unterstützung meinen ergebensten Dank öffentlich auszusprechen.
Möge das Schriftchen viele Freunde finden und den Besuchern der ehrwürdigen Bolkoburg ein getreuer Ratgeber und Führer durch die wechselvollen Zeiten derselben werden!
Breslau, den 1. April 1895.
- Heinrich Schubert. (4 ≡)
- Heinrich Schubert.
Inhaltsverzeichnis.
Seite | |
1. Die Bolkoburg zur Zeit der Bolkonen. Bis 1392 |
5 |
2. Die Bolkoburg wird Pfandbesitz |
7 |
3. Die Bolkoburg in den Händen der Familie von Salza. Von 1532 bis 1570 |
16 |
4. Die Bolkoburg wird erbliches Eigentum |
22 |
5. Die Bolkoburg im Besitze der Familie von Zedlitz. Von 1598 bis 1703 |
26 |
6. Erbstreitigkeiten um die Bolkoburg und ihr Übergang an das Stift Grüssau im Jahre 1703 |
32 |
7. Die Bolkoburg im Besitze des preußischen Staates. Seit 1810 |
45 |
1. Die Bolkoburg zur Zeit der Bolkonen.
Bis 1392.
In dem am Nordabhange des Riesengebirges sich hinziehenden gürtelförmigen Gebirgslande, das in nördlicher Richtung allmählich zur Ebene übergeht, befindet sich fast in der Mitte des Kreises Bolkenhain ein anmutiger Talkessel, aus dem sich inselartig ein von NO nach SW gerichteter Bergrücken erhebt. Am Ostabhange desselben liegt die Bergstadt Bolkenhain, die im Jahre 1276 zum erstenmal urkundlich erwähnt wird und damals Hain hieß. Die Westseite jenes Bergrückens fällt steil zum Tale der Wütenden Neisse ab, und auf seiner Höhe liegt die ausgedehnte Ruine der Bolkoburg, die einst die Zitadelle der Stadt war und mit ihrem etwa 50 m hohen Bergfried, „Hungerturm“ genannt, eine der interessantesten Ruinen Schlesiens ist.
Ihr Vorhandensein wird 1277 urkundlich bezeugt; denn Herzog Boleslav II. († 1278) urkundet im genannten Jahre in „Hain casro nostro“. Wie aber diese Burg zu jener Zeit beschaffen war, darüber fehlen natürlich alle Nachrichten. War auch der Bergfried als Kern der ganzen Feste aus Stein erbaut, so wurden doch die Nebengebäude zunächst unstreitig aus dem Holze, das die nahen Waldungen lieferten, aufgeführt. Selbst die umgebenden Mauern waren anfänglich wohl nur aus diesem Material hergestellt, bis allmählich Bauten aus dem Gestein des Berges, einem stark mit Quarzadern durchsetztem Schiefer, die Holzbauten verdrängten.
Der Bau, dessen Reste wir heute noch schauen, ist ursprünglich wahrscheinlich von dem Herzoge Bolko I. († 1301) gegen das Ende des 13. Jahrhunderts errichtet worden, und Stadt und Burg haben dann nach ihm den Namen erhalten. Spätere Besitzer der Burg, namentlich die aus dem Geschlecht von Salza und Matthias von Logau, haben mit Benutzung von älteren Grundmauern wesentliche Umbauten vorgenommen, weshalb Lutsch die Erbauungszeit unserer Burg in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts verlegt.
Die älteren geschichtlichen Nachrichten über die Bolkoburg, die Steige in seinen „Bolkenhainschen Denkwürdigkeiten“ gibt, die Müller in den „Burgen Schlesiens“ wiederholt, und
die bis in die neueste Zeit vertrauensselig nachgeschrieben wurden, sind höchst unglaubwürdig. Die verschiedenen Glieder einer Familie Reichenbach, die bei allen diesen Autoren als Burggrafen der Bolkoburg aufgezählt werden, sind nichts als plumpe Erfindungen des bekannten Lügenschmiedes Abraham Hosemann, der verschiedene Städte Schlesiens, darunter auch Bolkenhain, für gutes Honorar mit seinen Lügenchroniken begabt hat, aber schon von seinem Zeitgenossen Henel von Hennenfeld († 1656) erkannt und kurzweg der verlogenste aller Zweifüßler genannt worden ist.
Auf sicherem historischen Untergrunde zur Geschichte der Bolkoburg bewegen wir uns erst vom Jahre 1353 ab, zu welcher Zeit Bolko II. Herr der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer war. Da seine Ehe kinderlos geblieben war, adoptierte er die Tochter seines ums Jahr 1343 verstorbenen Bruders Heinrich, namens Anna, und setzte sie zur Erbin seiner Fürstentümer ein. Um in den Besitz dieses Gebietes zu gelangen, warb der böhmische König Karl IV., der zum zweitenmal Witwer geworden war, um Annas Hand, und nachdem die Vermählung beider am 27. Mai 1353 stattgefunden hatte, verschrieb Bolko II. am 3. Juli seiner Nichte Anna und damit zugleich ihrem Gemahl Karl IV. die beiden Fürstentümer unter der Bedingung, daß er selbst bis zu seinem Tode im Besitze derselben bleiben, auch seine Gemahlin Agnes auf Lebenszeit die unbeschränkte Regierung derselben behalten sollte. In dieser Verschreibung kommt nun auch die Stadt Bolkenhain vor, wenngleich der dazu gehörigen Burg nicht ausdrücklich Erwähnung getan wird.
Am 14. April 1364 aber schloß König Karl IV. einen Erbvertrag mit seinem Eidam, dem Markgrafen Otto von Brandenburg, und in der darüber ausgestellten Urkunde wird ausdrücklich „Hayn hus und stat“, d. i. die Stadt Bolkenhain mit der Burg, genannt.
Die Herzöge übergaben ihre Landesburgen Burgverwaltern oder Burggrafen mit der Verpflichtung, die Burgen nebst dem dazu gehörigen Gebiete zu beaufsichtigen und in verteidigungsfähigem Zustande zu erhalten, die Justizpflege auszuüben und die Steuern einzuziehen. So hatte Bolko II. die Bolkoburg dem Burggrafen Hans von Logau übergeben, den wir in einer Urkunde vom 11. Oktober 1369 erwähnt finden, worin Karl IV. nach dem 1368 erfolgten Tode Bolko II. der Herzogin-Witwe Agnes den Besitz der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer als Leibgedinge bestätigt und die Mannen und Städte derselben ihrer Freiheiten versichert.
Wann dieser Hans von Logau in den Besitz des Burglehns Bolkenhain gelangt ist, ist urkundlich nicht mehr nachzuweisen, wohl aber, wann er es abgegeben hat; denn am Aschtage (19. Februar) 1371 bekennt und bestätigt die Herzogin Agnes, daß „er das Burglehen auf dem Hause zum Hain, wie er es von Herzog Bolko, ihrem Gemahl, zu dessen Lebzeiten erhalten“, mit allen Zugehörungen an Gotsche Schoff verkauft hat. Zeugen: Nickel Bolz, Friedrich von dem Pechwinkel, Reinisch Schoff, Gunzel von der Swine (Schweinhaus), Nickel von dem Zeisberge, Wenzel von Niebelschütz und Peter von Niebelschütz, Landschreiber.
Dieser neue Besitzer des Burglehns war Gotsche Schoff, der jüngere, Herr der Burg und Herrschaft Kynast, der etwa 1346 geboren war und 1420 starb und bei der Herzogin Agnes in großer Gunst stand. Da er seinen Wohnsitz auf dem Kynast behielt, setzte er auf der Bolkoburg einen Burghauptmann, den vorher erwähnten Gunzel (Kunze) von Schweinhaus, ein, der jedoch noch in demselben Jahre bei einem Ritterspiel in Prag ums Leben gekommen sein soll.
Wie lange Gotsche Schoff die Bolkoburg besessen hat, läßt sich ebenfalls nicht genau ermitteln; wahrscheinlich trat nach dem am 2. Februar 1392 erfolgten Tode der Herzogin Agnes, durch welchen König Wenzel, der Sohn Karl IV., unumschränkter Herr der Fürstentümer Schweidnitz und Jauer wurde, ein Besitzwechsel ein.
2. Die Bolkoburg wird Pfandbesitz.
Nachdem die Bolkoburg unmittelbar an die böhmische Krone gefallen war, änderten sich die Verhältnisse gewaltig. Zunächst wurde die bestehende Einrichtung der Burggrafschaften aufgehoben, da die von den böhmischen Königen ernannten Landeshauptleute die Obliegenheiten der früheren Burggrafen übernahmen. Gleichzeitig nahm aber auch das Verhältnis der Burglehnsinhaber zu den böhmischen Königen insofern einen ganz neuen Charakter an, als die Burg mit ihrem Gebiete nunmehr den Besitzern pfandweise gegen Erlegung einer bestimmten Pfandsumme, Pfandschilling genannt, auf bestimmte Zeit überlassen wurde. Bei Wiedereinlösung oder anderweitiger Vergebung des Burglehns wurde die Pfandsumme zurückgezahlt. Daß nunmehr böhmische Edelleute als Burginhaber an die Stelle der schlesischen traten, ist selbstverständlich.
Im Jahre 1399 war Benesch (Benedikt von Donyn Pfandinhaber unserer Burg und kaufte Montag nach Georgi 28. April) von seinem Bruder Stephan den Wald, Ruhbank genannt. 1407 feria IV. nach Aegidii (7. September) ließ er seiner Ehefrau Katharina 600 Mark Prager Groschen auf die Burg zu Bolkenhain nebst Zugehörungen auf und dazu namentlich den Schleushof in der Stadt und die Senfmühle. Zeugen: Janko von Chotiemicz, Landeshauptmann, Nickel von Reibnitz, Gunzel von Swin und Sigmund Pogarell. 1408 feria VI. post Assumpt. Mariae (17. August) verkaufte derselbe Donyn an Heinrich Czirnaw (Tschirnau) 10 Mark Zins für 100 Mark Prager Groschen (d. h. er lieh sich 100 Mark Prager Groschen für 10 Mark Zinsen, also zu 10 Prozent) auf alles, was er zu Bolkenhain besaß, wozu seine Ehefrau Katharina ihre Zustimmung gab.
Im Jahre 1412 starb Benesch von Donyn, und von seiner hinterlassenen Witwe erwarb in demselben Jahre Janko von Chotiemicz, Landeshauptmann zu Breslau und Schweidnitz, das königliche Haus und die Stadt Bolkenhain mit allen Zugehörungen und dem Landgeschoß, ausgenommen den Wald, Ruhbank genannt, für 1100 Schock Groschen Prager Münze. „Will er den Wald Ruhbank noch an sich lösen, so soll dies mit 500 Schock Groschen Prager Münze geschehen.“ Der König Wenzel bestätigt diesen Verkauf am Freitage vor dem Pfingstfeste (20. Mai) 1412 und behält sich das Recht vor, alles für 1600 Schock Groschen Prager Münze wieder einzulösen.
Schon nach fünf Jahren ging das Burglehn wieder in andere Hände über; denn 1417 an St. Georgi Tag (23. April) bekennt Sigmund von Pogarell, Hauptmann der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer, daß Janko von Chotiemicz auf Fürstenstein ihm und seinen Erben Haus und Stadt Bolkenhain mit allen Zugehörungen verkauft hat. Nach königlicher Bestimmung soll der ganze Besitz nach Sigmunds Tode an seinen Sohn Prizlaw, und wenn dieser ohne Leibeserben stürbe, an dessen Bruder fallen.
Von den nun folgenden, für ganz Schlesien verderblich gewordenen Hussitenkriegen wurden ohne Zweifel auch die Stadt und Burg Bolkenhain berührt. Wenn aber Steige in seinen „Bolkenhainschen Denkwürdigkeiten“ auf Seite 72 und 73 meldet, die Husitten hätten 1428 die Burg eingenommen und die Stadt gründlich ausgebrannt, so liegt hier eine Verwechselung mit den Ereignissen aus dem Jahre 1444 vor, die weiter unten erwähnt werden sollen. Richtig ist nur, daß 1430 nach Johannis die Hussiten infolge eines mit ihnen geschlossenen Waffenstillstandes
aus Schlesien nach Böhmen abzogen, wobei ein Heerhaufe über Bolkenhain und Landeshut zurückging.
Eine zweifelhafte Berühmtheit sollte aber die Burg Bolkenhain im Jahre 1441 erlangen. Der damalige, schon 1439 genannte Pfandesinhaber derselben war Hain (Heinrich) von Tschirn, der nebst seinem Bruder Opitz auf dem Schlosse Auras und anderen berüchtigten Fehdern während der königslosen Zeit sein Wesen im Lande trieb. Im Jahre 1432 war er Herr der Burg Nimmersatt bei Bolkenhain, wo er auf Rechnung der Hussiten, für deren Bundesgenossen er sich ausgab, ein lustiges Ritterleben führte. Als die Schweidnitzer ihm aber das Handwerk legten und seine Burg Nimmersatt brachen, flüchtete er nach seiner Burg Falkenstein bei Fischbach, ging darauf zu den Hussiten nach Nimptsch und nahm zwei Jahre lang an ihren Raubzügen teil, brachte aber 1434 die Befehlshaber derselben auf dem Falkenstein durch Verrat in die Hände der Schlesier. Die von ihm und seinem Bruder Opitz auf dem Rummelsberge bei Strehlen erbaute Burg, zu deren Erbauung sie am 29. November 1439 durch die Herzogin Elisabeth von Liegnitz und Brieg die Erlaubnis erhalten hatten, wurde bald ein so arges Raubnest, daß sie 1443 zerstört werden mußte.
Dieser Landschädiger erster Ordnung erhielt im Jahre 1441 auf der Burg Bolkenhain einen geistlichen Gast, der seinem Gastfreunde durchaus ebenbürtig war, den berüchtigten Breslauer Dompropst Nikolaus Gramis. Diesem war 1436 vom Konzil zu Basel die Einsammlung von Ablaßgeldern in den Bistümern Breslau und Lebus übertragen worden, welches Auftrages er sich auch in den Jahren 1437—1439 entledigte. Da er aber von den gesammelten Geldern viel für sich und andere verbraucht hatte, zögerte er mit der Rechnungslegung, und als der damalige Bischof Konrad die Herausgabe des Geldes beanspruchte, verweigerte er dieselbe. Nachdem er zu wiederholten Malen eingesperrt worden war, entfloh er am 5. September 1441 aus dem Gefängnis und begab sich zunächst zu Opitz von Tschirn auf Auras, Ende desselben Monats aber zu Hain von Tschirn auf Bolkenhain. Im Dezember unternahmen nun beide Raubzüge gegen die dem Bischof und dem Domkapitel gehörigen Dörfer, was das ganze Jahr 1442 hindurch fortgesetzt wurde. Der vom Bischof gegen Gramis und die mit ihm verbündeten Schädiger des Kirchenlandes angestrengte Prozeß endete damit, daß sie Ende November 1442 exkommuniziert und die Ortschaften, in denen sie sich aufhielten, mit dem Interdikt belegt wurden. Auch mit weltlichen Waffen begann nun der Bischof gegen seine Feinde vorzugehen. Diese verschafften
sich infolgedessen Bundesgenossen aus Schlesien und Böhmen, so daß im März 1443 in Bolkenhain ein große Macht vereinigt war. Mit Jan von Ebersbach, Johann Kolda von Nachod u. a. zog Hain von Tschirn schleunigst in die Gegend von Liegnitz, „wo sie großen Schaden gethan und viel Vieh aus dem Lande getrieben haben“. Doch kam es im April auf dem Pfarrhofe zu Schweidnitz zu einem Ausgleiche zwischen beiden Parteien. Am 8. Juni 1444 wurde Gramis, der sich noch immer bei den Gebrüdern Tschirn aufhielt, durch das Konzil exkommuniziert und seiner Würden verlustig erklärt. Er ging 1445 nach Breslau, wo er um 1450 gestorben zu sein scheint.
Im eben genannten Jahre 1444 erlebte aber die Stadt Bolkenhain ein trauriges Geschick. Böhmische Söldner des Johann von Ebersbach, der plötzlich ein Feind Hains von Tschirn geworden war, zogen in der Nacht vom 19. zum 20. August vor die Stadt, nahmen sie am 20. in aller Frühe ein, plünderten sie und zündeten sie an. Ein Entfliehen der Einwohner auf die sichere Burg war nicht mehr möglich, da die Feinde ganz nahe an derselben auf Leitern über die Stadtmauern stiegen, „und wer auf das Haus (= Burg) wollte, den erschlugen sie am Wege“. Die Räuber erhielten aber die gerechte Strafe. Auf dem Rückzuge wurden sie von den Truppen des Bundes, den 1444 schlesische Fürsten und Städte zur Herbeiführung eines gesicherten Zustandes im Lande geschlossen hatten, und dessen Mitglied auch Hain von Tschirn geworden war, in der Gegend von Landeshut überfallen. Sie flohen und ließen einen Teil der Beute, sowie viele Gefangene zurück.
Noch 1457 finden wir Hain von Tschirn, der 1445 Unterhauptmann der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer geworden war, auf der Bolkoburg; denn Mittwoch nach Invocavit (9. 3.) desselben Jahres verkauft er auf derselben das Vorwerk, Nekusch genannt, an Nickel Tunkel und dessen Erben. 1459, Sonnabend nach Margarete (14. Juli) stellt Hain von Tschirn seinen letzten Fehdebrief auf der Bolkoburg aus; 1462 aber ist Wanko von Warnsdorf Pfandinhaber derselben; denn Dienstag vor Matthiae des heil. Zwölfboten (23. Febr.) d. J. kauft er das eben erwähnte Vorwerk Nekusch bei Bolkenhain.
Von den nun folgenden Kämpfen der Schlesier mit Georg Podiebrad sollte auch unsere Burg bald berührt werden. Im Sommer 1463 nahm dieser König sie ein, vertrieb daraus den bisherigen Besitzer Wanko von Warnsdorf und setzte Hans von Tschirn, einen ihm unbedingt ergebenen
Anhänger, auf derselben ein, der jedoch von hier aus mit gleichgesinnten Genossen den Straßenraub im großen Stile trieb. Mußten sich doch 1466 die Schweidnitzer über die Schlösser Fürstenstein, Bolkenhain, Lähnhaus usw., darauf Podiebrad die Seinen hatte, beklagen und dabei namentlich hervorheben, wie sie im Handel geschädigt würden und fast verderben müßten.
Da galt es nun, die wohlgeschützte Bolkoburg einzunehmen, was auch der vom Bischof Rudolf von Breslau, dem größten Gegner Podiebrads, eingesetzte Landeshauptmann der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer, Ulrich von Hasenburg, schleunigst ins Werk setzte.
Nachdem er schon am Sonnabend vor Jubilate (7. Mai) 1468 die Breslauer um Hilfe gebeten hatte, umgab er Montag darauf (9. Mai) die Stadt Bolkenhain mit der Ritterschaft und den Mannen der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer. Da er aber Nachricht erhielt, daß die Böhmen anrückten, „um ihn abzudrängen und Bolkenhain zu retten,“ bat er „gar ylende vor Polkenhain in der 20. Stunde am Dienstag nach Sophie“ (17. Mai) den Bischof Rudolf, er möge die Breslauer Ratmannen zur Hilfeleistung ermahnen, worauf ihm diese am 19. über 100 kräftige und gut ausgerüstete Fußsoldaten mit einigen Reitern und 12 Wagen schickten. Infolgedessen sagte Ulrich von Hasenburg mit der Ritterschaft, den Mannen und allen Städten der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer auf Befehl des Bischofs Rudolf am Dienstag vor Pfingsten (31. Mai) dem Könige Georg Podiebrad „gänzlich ab und wollten seine Feinde sein“.
Am 15. Juni war zwar ein böhmisches Entsatzheer in Stärke von 3000 Mann bis Trautenau vorgedrungen; die Belagerungstruppen aber zogen ihm schnell entgegen und schlugen es am 16. in die Flucht. Nun nahm auch die Belagerung der Stadt Bolkenhain ernsteren Fortgang, und in wenigen Tagen ward sie genommen. Aber auf der Burg wehrte man sich tapfer, so daß die große Büchse aus Schweidnitz und ein Mörser aus Breslau aufgefahren werden mußten. Da es aber den Schweidnitzern an Pulver und Steinen zu ihrer großen Büchse fehlte, mußten die Breslauer dies alles liefern; auch sonst zeigten die Schweidnitzer, die nach Eschenloers Zeugnis noch immer Podiebrads geheime Freunde waren, so wenig Ernst, daß die Breslauer Söldner das meiste tun mußten. Endlich am achten Tage nach dem heil. Leichnamstage (23. Juni) 1468 ergab sich das arg zerschossene Schloß, und die Besatzung erhielt freien Abzug; nur Hans von Tschirn, der fünf Jahre lang sein räuberisches
Handwerk getrieben hatte, wurde gefangen genommen und am Leben gestraft.
Die Breslauer überließen die Burg Bolkenhain dem Landeshauptmann Ulrich von Hasenburg, der sie im folgenden Jahre 1469 dominica ante Donati episcopi (6. August) für 1700 gute ungarische Gulden und 300 gute ungarische Gulden Baugeld, wie Wanko von Warnsdorf sie besessen, an Ernst Zedlitz unter der Bedingung abtrat, daß sie der König Matthias jederzeit für 2000 gute ung. Gulden wieder einlösen könne. Zeugen der in Schweidnitz ausgestellten Urkunde sind: Ernst Schoff, Johann Haschke, Niclas Rencker und Christoph Schoff, Kanzler.
Wenige Tage darauf, feria IV. ante festum Bartholomaei apost. (17. August) ließ dieser neue Burgherr das Schloß Bolkenhain mit allen Zugehörigen seiner Ehefrau Margarete zu seinem Leibgedinge auf, und 1470 am Sonntage Reminiscere (18. März) verkaufte er die Hälfte der Burg und aller Zugehörungen an Christoph Schoff vom Kynast und dessen ungesonderte Brüder, wozu seine Ehefrau Margarete wegen ihres Leibgedinges die Zustimmung erteilte.
Unter Ernst Zedlitz, der ebenfalls vom Stegreif lebte, erneuerte sich der alte unsichere Zustand; sämtliche Burgherren der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer werden von dem Zeitgenossen Eschenloer als Wegelagerer und Räuber bezeichnet. Namentlich hatten die Breslauer Kaufleute 1470 von ihnen zu leiden. „Sie erfuhren, daß ihre geraubten Güter auf Bolkenhain, Lähnhaus, Nimmersatt und den Kynast kamen, und die Breslauer durften sie es nicht zeihen“. Am 11. November 1470 mußten sogar viele mit Gütern beladene Wagen, die den Breslauer Elisabethmarkt besuchten, mit Bedeckung von Lüben aus nach Breslau gebracht werden; denn die Schloßherren von Lähn, Bolkenhain und Kynast hielten sich mit ihren Gesellen in großer Anzahl versteckt und wollten sie wegnehmen.
Nachdem Georg Podiebrad 1471 gestorben war, geriet sein Gegner Matthias mit Wladyslaw von Polen um den Besitz Schlesiens in einen Kampf. Als aber dieser 1474 für Matthias siegreich geendet hatte, konnte sich der neue König der Verbesserung der Landeszustände widmen. Vom 18. Januar bis 2. Februar 1475 ordnete er die Verhältnisse der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer, und in dieser Zeit löste er auch die ja nur pfandweise an ihre Inhaber vergebene Bolkoburg wieder ein, um sie gleich darauf dem ungarischen Magnaten Stephan
von Zapolya zu übergeben, der 1475 durch ihn als Statthalter über ganz Schlesien unter dem Titel eines Oberlandeshauptmanns eingesetzt worden war und zugleich von 1475—1481 die Stelle eines Landeshauptmanns der Fürstentümer Schweidnitz-Jauer bekleidete. 1476 wird er ausdrücklich als Pfandesherr unserer Burg genannt, auf der er den Hauptmann Hans von Zolcz (Sawlz) eingesetzt hatte.
Als aber der König Matthias 1475 eines Krieges wegen nach Österreich ziehen mußte, ließ er in Schlesien seinen allgewaltigen Diener und Günstling Georg von Stein zurück, der 1483 die Burg Bolkenhain von neuem stark befestigte und mit ungarischem Kriegsvolke besetzte, um sich und die von den Schlesiern eingetriebenen und hier angesammelten Steuern in Sicherheit zu wissen. Zur besseren Ausrüstung der Burg liehen die Breslauer Ratsherren – wahrscheinlich nicht ganz freiwillig – 1484 dem Pfandinhaber Stephan von Zapolya überdies 10 Hakenbüchsen, 2 Ladeeisen, einen Korb Glätte und drei Stein Pulver.
Nicht lange darauf machte sich Georg von Stein selbst zum Pfandinhaber unserer Burg; 1489 wird er ausdrücklich als solcher urkundlich erwähnt, ebenso sein Burghauptmann Paul Rechenstein, der schon 1486 vorkommt. Als aber der Ungarkönig Matthias am 6. April 1490 gestorben war, floh der allen Schlesiern verhaßte Stein, um ihrer Rache zu entgehen, nach der Lausitz und von dort nach der Mark, wo er 1497 starb. Die ungarischen Mannschaften aber, die lange Zeit keinen Sold erhalten hatten, machten sich nun selber bezahlt und geberdeten sich im Lande als Gebieter über alles ihnen zugängliche Eigentum. Eine der ersten Unternehmungen des nun zur Herrschaft in Schlesien gelangenden Böhmenkönigs Wladyslaw mußte daher auf die Entfernung dieses fremden Kriegsvolkes gerichtet sein. Noch im November 1490 wurde auf einem Fürstentage zu Breslau der neue Oberlandeshauptmann von Schlesien, der Herzog Kasimir von Teschen und Glogau, beauftragt, die Burgen Fürstenstein und Bolkenhain dem Könige zu erobern. Von den Städten und dem Landvolke unterstützt, begann dieser am 20. September 1491 mit ungefähr 600 Mann die Belagerung beider Burgen, doch anscheinend ohne sofortigen Erfolg. Erst nach fast einmonatiger Einschließung entschlossen sich die Befehlshaber dieser Festen, dieselben gegen ein Lösegeld von 300 Floren zu verlassen und in die Heimat zu ziehen.
Wladyslaw setzte nunmehr Johann von Hazinberg auf Lost, obersten Truchseß zu Böhmen, als Pfandinhaber der
Bolkoburg ein, der sie jedoch schon 1494 an die Gebrüder Fabian und Hans Tschirnhaus für 3100 Schock böhmische Groschen abtrat, was der König am Dienstage nach St. Pauli Bekehrung (28. Januar) bestätigte. In dieser Bestätigung werden den Gebrüdern Tschirnhaus die oberen und niederen Gerichte in der Stadt Bolkenhain und auf den Dörfern Wolmsdorf, Lauterbach, Blumenau, Baumgarten, Halbendorf, Würgsdorf, Kunzendorf, Streckenbach, Waltersdorf, Hohendorf, Gießmannsdorf und Hohenhelmsdorf, sowie das Recht, in Bolkenhain Bürgermeister, Ratsleute und Schöppen einzusetzen, und die Kirchlehen zu Bolkenhain, Költschen (Kreis Reichenbach) und Groß-Rosen (Kreis Striegau) zugesprochen; sie erhielten ferner die Erlaubnis, 100 Schock böhmische Groschen auf das Schloß „und wo an Hornwerken not ist“, zu verbauen, welche Summe dem Pfandschilling zugeschlagen wurde, und endlich das Recht, Schloß und Stadt nebst allen Zugehörungen zu verkaufen, ausgenommen an fürstliche und geistliche Leute. Nur der König und seine Nachfolger sollten das Recht der Wiedereinlösung gegen eine Ablösungssumme von 3200 Schock böhm. Groschen besitzen. Eine zweite Bestätigung dieses Besitzes ist durch Wladyslaw zu Ofen am Abend Philippi und Jakobi (30. April) 1495 ausgestellt.
Die neuen Pfandesinhaber ließen sich die Regulierung und Vergrößerung ihres Besitzes recht angelegen sein. 1495 Donnerstag vor Vincula Petri (30. Juli) und 1496 am Sonntage Reminiscere (28. Februar) bestätigt König Wladyslaw zwei Tauschverträge zwischen dem Abte Johann von Grüssau und den Gebrüdern Tschirnhaus, betreffend Zinsen in einigen Dörfern des Weichbildes Bolkenhain. 1496 am Tage Luciae (13. Dezember) kaufte Fabian Tschirnhaus den Kretscham zu Klein-Waltersdorf unter dem Schlosse, und 1497 erbaute er eine Mühle neben dem Burglehn und kaufte einige Flecke Landes dazu, weshalb sich der König Sonnabend nach Prokopii (8. Juli) d. J. verpflichtet 700 ung. Gulden zur bisherigen Pfandsumme zuzuschlagen und im Falle der Ablösung zurückzuzahlen. Im Jahre 1500 aber starb Fabian Tschirnhaus und wurde in der Hedwigskirche zu Bolkenhain beigesetzt.
Nachdem Hans Tschirnhaus 1500 feria IV. ante Pentecoste (3. Juni) seiner Ehefrau Magdalena einen jährlichen Zins von 70 ung. Gulden auf dem Dorfe Baumgarten bei Bolkenhain gegen eine Ablösung von 700 ung. Gulden verkauft hatte, folgte er 1501 seinem Bruder Fabian im Tode, und das Burglehn Bolkenhain fiel nun an den dritten Bruder Michael
Tschirnhaus, jedoch ohne die oberen und niederen Gerichte in der Stadt Bolkenhain und ohne das Recht, daselbst Bürgermeister und Ratmannen zu wählen. (Vergl. zum Jahre 1506.)
Dieser kaufte nun zwar 1501 feria III. ante festum S. Catharinae (20. November) von Frau Magdalena Tschirnhaus, der nachgelassenen Witwe seines Bruders Hans, alle „Gerade“, die sie im Dorfe Baumgarten hatte, desgleichen auch 1504 feria IV. ante Reminiscere (28. Februar) das Leibgedinge einer Frau Blanckner zu Baumgarten, ließ auch in demselben Jahre Sonntag vor Simonis et Judae (27. Oktober) seiner ersten Ehefrau Nysen (Agnes) einen jährlichen Zins von 20 ung. Gulden auf demselben Dorfe Baumgarten zu einem Leibgedinge auf, fing aber bald darauf an, einige zum Burglehn Bolkenhain gehörige Zinsen und Gerechtigkeiten zu veräußern.
Nachdem er sich 1506 Freitag nach St. Ulrich (10. Juli) einen derben Verweis des Königs Wladyslaw zugezogen, weil er sich angemaßt hatte, die Bewohner der Stadt Bolkenhain „wie Dorfleute zu behandeln“, den Rat zu kiesen und alle Gerichte abzuhalten, verkaufte er in demselben Jahre Mittwoch nach Nativit. Mariae (9. September) an Heinz Biller zu Rudelsdorf seine Geschösser an Getreide und Geld und die Obergerichte zu Würgsdorf und Halbendorf für 240 ung. Gulden und ebenso 1512 Donnerstag vor Fastnacht (19. Februar) alle Zinsen, Vorwerke und Kirchlehen zu Wolmsdorf an die Gebrüder Günzel, Borgmann und Hans Schweinichen auf dem Schweinhause.
In seinem Testament vom Tage Stephani Martyris (26. Dezember) 1517 bestimmte er, daß die Kinder seiner ersten Frau Agnes von Salza († 1507) das Schloß und die Stadt Bolkenhain mit allen Zugehörungen und Zinsen, namentlich die Dörfer Eisdorf (Kreis Striegau), Gießmannsdorf und Hohenhelmsdorf erhalten sollten, und zu ihrem Vormunde ernannte er Jakob von Salza, Dr. und Hauptmann des Fürstentums Glogau, später (seit dem 2. September 1520) Bischof zu Breslau. Seiner zweiten Frau Anna von Hohberg (Hochberg) und den aus dieser Ehe stammenden Kindern vermachte er das Dorf Baumgarten mit dem Kirchlehen daselbst und allen Zugehörungen; als Vormund der letzteren setzte er seinen Schwager Christoph von Hochberg auf Fürstenstein ein.
Dieses Testament muß später eine uns nicht erhaltene Abänderung erfahren haben; denn als Michael Tschirnhaus etwa um 1530 starb, fiel die Burg Bolkenhain an seine Witwe Anna und an Christoph von Hochberg als Vormund seiner Kinder. (Vergl. unten zum Jahre 1531.) Ja, der älteste
der Söhne, Hans Tschirnhaus, trat Freitag vor Hedwig (14. Oktober) 1530 im Namen seiner Geschwister und Miterben das Schloß Bolkenhain an den Vormund ab.
3. Die Bolkoburg in den Händen der Familie von Salza.
1532 bis 1570.
Der Vormund Christoph von Hochberg schloß zwar Freitag vor Galli (13. Oktober) 1531 wegen des Pfandschillings Bolkenhain mit den Gebrüdern Reinsberger, auch Regensberger genannt, einen Kaufvertrag ab, nach welchem Stadt und Schloß Bolkenhain, „wie alles die Witwe des Michael Tschirnhaus seit dessen Tode und Christoph Hochberg als Vormund der Kinder besessen und gebraucht hat,“ für 3200 gute ung. Gulden an die Käufer fallen sollte; doch der König Ferdinand I., der diesen Kaufvertrag zu bestätigen hatte, trat, wie er in einem Schreiben d. d. Regensburg den 17. April 1532 meldet, „aus beweglichen Ursachen“ selbst in diesen Kauf. „Weil wir aber,“ so heißt es dort weiter, „jetziger Zeit mit vielen Ausgaben, auch der gemeinen Christenheit zu gut beladen und unser Gelegenheit diesmal nit ist, dermaßen Geld auszuzahlen, so haben wir aus solcher ehrhaften Notdurft uns mit dem hochwürdigem, unserm Fürsten, andächtigen und lieben getreuen Jakob (von Salza), Bischof zu Breslau, gnädiglich vertragen, also daß er solche 3200 Gulden von unsertwegen denjenigen, welchen es zusteht, geben und auszahlen soll.“ Dafür soll der Bischof Stadt und Schloß Bolkenhain mit allen Zugehörungen sein Lebenlang besitzen und genießen; nach seinem Tode aber soll der ganze Besitz wieder in weltliche Hände gelangen.
Da der Bischof verhindert war, zur Übernahme des Burglehns in eigener Person nach Bolkenhain zu kommen, so bevollmächtigte er am 2. Mai von Neisse aus M. Joachim Czires, Domherr zu Breslau und Pfarrer zu Neisse, Hans Gotsch zu Hertwigswalde (Kr. Jauer) und Vincenz Gärtner, Kanzler, Schloß, Stadt, Dörfer und Zubehör zu seinen Händen einzunehmen, Pfandpflicht und Eid zu empfangen, die Verwaltung zu ordnen und an seiner Stelle Quittung zu leisten. Dieser Vollmacht fügte er am 3. Mai noch eine besondere Instruktion mit einem Formulare für die abzunehmende Pfandpflicht bei, worauf die Bevollmächtigten am 6. Mai das Burglehn für den Bischof in Besitz nahmen. Katharina von Lichtenburg, Gemahlin des Hans Tschirnhaus, verzichtete auf ihr Recht und Leibgedinge
auf Schloß und Stadt Bolkenhain, und sämtliche Tschirnhaussche Erben quittierten am 7. Mai über den Empfang der Pfandsumme. Der Bischof aber, der seinen Wohnsitz in Breslau oder Neisse behielt, setzte am 5. Juni Georg Schweinichen auf Kolbnitz als Burghauptmann zu Bolkenhain ein.
Da das Schloß sehr baufällig war, erhielt der Bischof vom Könige Ferdinand am 22. Februar 1534 die Erlaubnis, 500 ung. Gulden auf Bau und Besserung und 1000 Gulden zum Ankaufe von umliegenden Gütern zu verwenden. Infolgedessen ließ er 1534/35 die heute noch sichtbare, im inneren Hofe nördlich vom Bergfried gelegene Cisterne bauen und, nachdem ihm am 4. Mai 1539 abermals 500 Gulden Baugeld verschrieben worden waren, im Jahre 1539 große Bauten am Schlosse vornehmen. Dem Rate von Bolkenhain aber wurde vom Könige aufgegeben, über alle Ausgaben Register zu führen, die heute noch vorhanden sind.
Nachdem der Bischof 1536 am Tage Francisci (4. Oktober) zur Vergrößerung seines Besitzes durch seinen Burghauptmann von Lamprecht Thurst einen bei der Obermühle unter dem Schlosse gelegenen Garten hatte ankaufen lassen, der uns nun beständig unter dem Namen „Lamprecht“ begegnet, erhielt er am 23. März 1539 den königlichen Befehl, alle von früheren Pfandinhabern versetzten und verpfändeten Stücke wieder einzulösen und zum Burglehn zu bringen, wogegen er am 4. Mai d. J. die Zusicherung bekam, daß er, seine Nachkommen und Erben, oder wem er es sonst gönnen möchte, das Burglehn nach Ablauf der ersten 5 Jahre noch 20 Jahre innehaben sollen.
An der Ausführung jenes Auftrages verhinderte ihn der am 25. August 1539 im 58. Lebensjahre erfolgte Tod, und Erbe des Burglehns Bolkenhain wurde nun laut seines am 3. Februar 1539 errichteten Testaments sein Bruder Mathäus von Salza auf Linda in der Oberlausitz, der Hauptmann von Görlitz war. Schon 1540 ernannte dieser seinen ältesten Sohn Joachim von Salza zum Burghauptmann von Bolkenhain und als der Vater 1542 Montag nach Galli (23. Oktober) starb, folgte ihm der Sohn gemäß den Bestimmungen des bischöflichen Testaments, nach welchem das Burglehn immer an das älteste Glied der Familie Salza fallen sollte, im Besitze desselben.
So lange der Bischof Jakob Pfandesherr unserer Burg war, konnte, obwohl er der Reformation nicht unsympathisch gegenüber stand, in Bolkenhain an eine Einführung der Lehren Luthers nicht gedacht werden. Als aber der Pfandbesitz an seinen evangelisch gesinnten Neffen Joachim gelangt war, führte der Erzpriester Joachim Rüdiger in Übereinstimmung mit den
Wünschen der Bolkenhainer Bürger am Feste Pauli Bekehrung (25. Januar) 1544 den evangelischen Gottesdienst öffentlich ein. Rüdiger starb 1547, und ihm folgte der von Joachim von Salza ins Amt berufene Christoph Brzisk (1547—1564).
Gleich seinem Oheim war Joachim von Salza beflissen, das Schloß in gutem Bauzustande zu erhalten, weshalb er den Meister Jakob den Walen berief, der namentlich am Turme und dem großen Saale viel baute. Die Baukosten betrugen nach Ausweis der noch vorhandenen Rechnungen 308 Mark 32 Groschen 3 Denare, die Mark zu 48 Weißgroschen und der Groschen zu 12 Denaren gerechnet, weshalb König Ferdinand dem neuen Pfandesherrn 600 ung. Gulden Baugeld bewilligte und zur Pfandsumme schlug. Da dieser aber auch in dem zum Burglehn gehörigen Vorwerk Guttenthal, auch Ruhbank genannt, zur Besserung der Wirtschaft einen Meierhof erbaute und eine Mehl- und Brettmühle anrichtete, so erhöhte der König für ihn und alle nachfolgenden Pfandesinhaber am 13. Dezember 1549 die Bausumme auf 1500 Taler.
Neben dieser notorischen Wirtschaftsverbesserung vernehmen wir leider auch Klagen über eine Verschlechterung derselben. Um neue Dörfer, wie z. B. Einsiedel, anzulegen, schlug Joachim von Salza ganze Wälder nieder, und um Äcker und Wiesen zu gewinnen, brannte er große Waldparzellen weg. Auch wird berichtet, daß er in den Jahren 1551 bis 1556 mehrere zum Pfandschilling gehörige Gärten verkauft hat.
Wegen geschehener Eingriffe in die ihm auf mehreren Dörfern zustehende Gerichtsbarkeit beschwerte er sich bei dem damaligen Landeshauptmann Matthias von Logau und Altendorf, dem älteren, weshalb dieser am 16. Juni 1554 den Herrschaften und Scholzen der Dorfschaften Wolmsdorf, Waltersdorf, Lauterbach, Streckenbach und Blumenau befahl, sich der zum Pfandschilling Bolkenhain gehörigen Ober- und Landgerichte gänzlich zu enthalten; vermeintliche Rechte zur Ausübung derselben möchten ihm am 29. Juni in Jauer vorgetragen werden.
Seiner Ehefrau Magdalena, geb. Reder, vermachte Joachim von Salza laut Testament vom Montage nach Corporis Christi (1. Juni) 1551 und vom Sonnabend vor dem Fastnacht-Sonntage (15. Februar) 1556 von den ihm bewilligten 1500 Talern Baugeldern (vergl. 1549) 1200 Taler und 300 Taler als Leibgedinge, den Garten, Lamprecht genannt, alle fahrende und unfahrende Gerade, Geschmeide von Gold und Silber etc. Außerdem erbaute er für sie ein Häuschen nahe bei dem Schlosse und erwarb einen Garten dazu.
Im Jahre 1558 erklärte er sich wegen Alters und Leibesschwachheit dem Könige gegenüber bereit, das Burglehn gutwillig an seinen jüngeren Bruder Benno von Salza abzutreten, und bat, es diesem und seinen Erben auf 20 Jahre zu bewilligen, da ihr Vater Mathäus als Hauptmann zu Görlitz dem Könige 17 Jahre lang treue Dienste geleistat habe und in diesem Dienste gestorben sei. Deshalb ergeht am 10. Februar 1559 seitens der schlesischen Kammer an Joachim von Salza der vom 27. Januar datierte königliche Befehl, alle Urkunden und Zinsregister in originalibus binnen 14 Tagen auf der kaiserlichen Burg in Breslau vorzulegen.
Als er aber am 21. März 1559 das Zeitliche segnete, erhielt sein nächst älterer Bruder Hans von Salza das Burglehn mit der vom 8. Juli d. J. datierten königlichen Weisung, die Pfandschaft ohne Beschwerung der Untertanen innezuhalten und die Waldungen zu schonen. Mit der Befolgung der letzteren Vorschrift scheint er es aber nicht allzu genau genommen zu haben; denn schon am 23. März 1560 erhielt die Kammer den Befehl, Kommissarien abzuordnen, die Hans von Salza anweisen sollen, sich der Abholzung zu enthalten und das Burglehn in gutem Bauzustande zu erhalten. Als solche wurden auch am 3. Mai Hans Gotsch, Andreas Tschirnhaus, Joachim von Hochberg und Hans von Reibnitz ernannt; doch schon am 14. Mai d. J. starb Hans von Salza auf der Burg Bolkenhain, und ihm folgte im Pfandbesitze sein Vetter Opitz von Salza auf Schreibersdorf, dessen Pfandzeit aber nicht ein volles Jahr dauerte. Er verschied am 8. Mai 1561 und wurde in Bolkenhain begraben, wo sein Grabdenkmal — ein Ritter in Lebensgröße mit voller Rüstung — noch an der Kirchhofsmauer steht.
Das Burglehn kam nun in die Hände des nächsten ältesten Vetters, namens Hermann von Salza auf Lichtenau, der 1561 Dienstag nach Corporis Christi (10. Juni) auf der Burg Bolkenhain urkundlich bekennt, daß, nachdem er nach dem Tode seines Vetters Opitz das Haus Bolkenhain als der älteste gesippte Schwertmage (= Verwandter von männlicher Seite) eingenommen, solches Haus nach seinem tödlichen Abgange wiederum an den ältesten Schwertmagen fallen soll. Er sollte sich indes dieses Besitzes nicht lange erfreuen; denn schon am 4. September und noch einmal am 20. November 1561 wurde ihm der Pfandschilling durch den Erzherzog Ferdinand „an statt Kaiserl. Majestät“ für nächsten Georgitag (1562) aufgekündigt, „weil die letzten Inhaber demselben übel vorgestanden und zu Nachteil gehaust haben.“ Zwar wandte er sich nun mit der Bitte an den Kaiser, ihm das Burglehn noch länger lassen zu wollen;
doch am 16. Dezember kam die Antwort zurück, daß es bei der kaiserlichen Entschließung verbleiben müsse. Infolgedessen mußte er am 23. April 1562 den Pfandschilling abtreten, der nun am 26. dem jüngsten Sohne des oben genannten Görlitzer Hauptmanns, Benno von Salza auf Rengersdorf und Oybin, Kammerrat im Königreich Böhmen, durch den Kammerpräsidenten Friedrich von Redern auf Lebenszeit und seinen Erben auf vier Jahre unablöslich übergeben wurde. Im Inventarium werden u. a. 19 Hakenbüchsen, l Zentner Pulver, 60 Kugeln und 8 Hellebarden als übergeben erwähnt.
Am 27. April bescheinigen mehrere Glieder der Familie von Salza, aus den Händen des Kammerpräsidenten die ihnen nach einer Bestimmung des Bischofs Jakob von Salza vom 13. August 1532 zuständige Pfandsumme von 4200 ung. Gulden empfangen zu haben, und gleichzeitig quittiert Hermann von Salza, „gewesener Pfandinhaber“, über den Empfang der verschriebenen Baugelder im Betrage von 1500 Talern. Zugleich verpflichtet sich dieser, die ihm noch auf 10 Tage überlassenen Zimmer der Burg rechtzeitig zu räumen, sowie in Monatsfrist seinen Hausrat und fahrende Habe von der Burg zu entfernen. Um aber seinem Ingrimme über den Verlust des Pfandbesitzes Luft zu machen, zertrümmerte er bei seinem Abzuge von der Burg mehrere Öfen und Fenster, weshalb die Kammer auf geschehene Meldung am 20. Mai 1562 zwei Kommissarien, Hans Reibnitz zu Girlachsdorf und Christoph Zedlitz, Affe genannt, auf Nimmersatt, ernannte, die sich nach Bolkenhain begeben, eine Besichtigung der Wälder, Vorwerke, Mühlen, Teiche etc. vornehmen, den Schaden an Öfen und Fenstern der Burg besichtigen und über alles berichten sollten. Schon am 18. Juni konnten dieselben melden, daß Hermann von Salza die Walder in hohem Grade verwüstet und aus dem „Siegelwalde“ allein 171 Stämme verkauft habe. Auf dem Schlosse Bolkenhain seien mehrere Öfen und Fensterscheiben zerschlagen; allein in der Stube, darin er gelegen, sei die Truhe zerstoßen, desgleichen an den Fenstern 8 Scheiben zertrümmert. Amtmann, Torhüter und Wächter könnten nicht angeben, wer den Schaden getan habe. Rinnen und Dächer des Schlosses seien schlecht, der Regen laufe ein und verursachte an den Zimmern großen Schaden.
Am 13. Juni 1562 befahl Kaiser Ferdinand der Kammer, ernstlich dafür zu sorgen, daß die dem Pfandschilling Bolkenhain entfremdeten Stücke bald wieder hinzukommen, und am 14. September d. J. bekennt er, daß der ganze Pfandbesitz Benno von Salza auf Lebenszeit und nach dessen Tode