Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien/38: Unterschied zwischen den Versionen

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sammlung wieder in die Stepp, oder hinter den Schober, oder auf den Kirchhof, wo sich, wie er sagt, viele verstorbene Seelen um ihn versammeln, die es recht gerne sehen, wenn er sie besucht. Er hält sich oft so lange draußen auf, daß man meint er müsse erfrieren, und daß ihn Leute müssen aufsuchen und nach Hause holen. Dabei ist nciht die geringste Spur von Verwirrung, nein er ist bei volem verstande. Bis der neue Pastor Trtsch??. ankam, ahben die brüder unter sich selbst getauft, und wenn Jemand starb, hat ihn ?r. oder Fritz weggebracht. In der That, ich richte mich weder nach der Ordnung noch nach der Obrigkeit - Gott ist meine Obrigkeit - und taufe und thue Alles, was mir vorkommt.“ Das waren Fritzens eigene Worte. Man sprach von ihm, er predigte den Geistern, und ich sah ihn mit bleichem, magerem Angesicht und doch freundlich, mit beinahe geschlossenen Augen still ind in sich gekehrt, wie in innere Anschauung versunken. Im Fortgehen ließ er bei geschlossenem Mund ein unterdrücktes, halblautes Lachen in der Brust hören, und die Leute falteten ehrfurchtsvoll die Hände und sagten: „Ach, was ist das für ein Mann!“ Er ist jetzt ein tüchtiger Trunkenbold.   Ernst Tschr., ein gewaltiger Prediger und Stundenhalter, der sich oft von Kolonie zu Kolonie fahren ließ, und Versammlungen hielt, schrieb unterm 11. Dez. 1830 an eine Frau Z. in Sarata einen Brief, worin er zur Einigkeit und Liebe ermahnte und den er also schloß: „ich möchte dir auch wohl erklären, was eine jede Person der Gottheit, nämlich der Vater, der Sohn und der heilige Geist, nach ihrer eigenen Kraft <tt>sei</tt> und <tt>wirke</tt>, und wie doch diese drei Personen Eins sind und Einen Gott ausmachen, - aber es ist für dich zu schwer und kannst es nicht ertragen.“ Dieser Mensch, der da meinte, alle Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben, wurde später von den Separatisten wegen seines Hochmuths ausgestoßen, bekam Anfälle von Wahnsinn und Raserei, erlahmte so, daß er sich mühsam auf Krücken lange Zeit fortschleppte, und starb endlich, weder alt- noch neukirchlich, unter gräulichen Reden eines schrecklichen Todes. - Pastor Ls. kam als Vicarius eines Sonnabends nach Beresina, um der Gemeinde das heil. Abendmahl zu reichen. Um Mitternacht stand er auf und sagte: „ich muss nach Hause; die Magdalena (eine Schwester in Sarata, die für eine halbe Prophetin gehalten wurde) ruft mich; ich will eine Fuhre, und wenn ich keine bekomme, so gehe ich zu Fuß.“ Schullehrer Geigle suchte ihm die Sache auszureden; umsonst. man mußte Pferde suchen;
wieder in die Stepp, oder hinter den Schober, oder  
auf den Kirchhof, wo sich, wie er sagt, viele verstorbene Seelen  
um ihn versammeln, die es recht gerne sehen, wenn er sie  
besucht. Er hält sich oft so lange draußen auf, daß man meint er  
müsse erfrieren, und daß ihn Leute müssen aufsuchen und nach  
Hause holen. Dabei ist nicht die geringste Spur von Verwirrung,  
nein er ist bei vollem Verstande. Bis der neue Pastor Trtsch.  
ankam, haben die Brüder unter sich selbst getauft, und wenn  
Jemand starb, hat ihn Kr. oder Fritz weggebracht. In der  
That, ich richte mich weder nach der Ordnung noch nach der  
Obrigkeit - Gott ist meine Obrigkeit - und taufe und thue  
Alles, was mir vorkommt.“ Das waren Fritzens eigene Worte.  
Man sprach von ihm, er predigte den Geistern, und ich sah ihn  
mit bleichem, magerem Angesicht und doch freundlich, mit beinahe  
geschlossenen Augen still und in sich gekehrt, wie in innere  
Anschauung versunken. Im Fortgehen ließ er bei geschlossenem  
Mund ein unterdrücktes, halblautes Lachen in der  
Brust hören, und die Leute falteten ehrfurchtsvoll die Hände  
und sagten: „Ach, was ist das für ein Mann!“ Er ist jetzt  
ein tüchtiger Trunkenbold. Ernst Tschr., ein gewaltiger  
Prediger und Stundenhalter, der sich oft von Kolonie zu Kolonie  
fahren ließ, und Versammlungen hielt, schrieb unterm  
11. Dez. 1830 an eine Frau Z. in Sarata einen Brief, worin  
er zur Einigkeit und Liebe ermahnte und den er also schloß:  
„ich möchte dir auch wohl erklären, was eine jede Person der  
Gottheit, nämlich der Vater, der Sohn und der heilige Geist,  
nach ihrer eigenen Kraft {{Sperrschrift|sei}} und {{Sperrschrift|wirke}}, und wie doch diese  
drei Personen Eins sind und Einen Gott ausmachen, - aber  
es ist für dich zu schwer und kannst es nicht ertragen.“ Dieser  
Mensch, der da meinte, alle Weisheit mit Löffeln gegessen zu  
haben, wurde später von den Separatisten wegen seines Hochmuths  
ausgestoßen, bekam Anfälle von Wahnsinn und Raserei,  
erlahmte so, daß er sich mühsam auf Krücken lange Zeit fortschleppte,  
und starb endlich, weder alt- noch neukirchlich, unter  
gräulichen Reden eines schrecklichen Todes. - Pastor Lf. kam  
als Vicarius eines Sonnabends nach Beresina, um der Gemeinde  
das heil. Abendmahl zu reichen. Um Mitternacht stand  
er auf und sagte: „ich muss nach Hause; die Magdalena (eine  
Schwester in Sarata, die für eine halbe Prophetin gehalten  
wurde) ruft mich; ich will eine Fuhre, und wenn ich keine  
bekomme, so gehe ich zu Fuß.“ Schullehrer Geigle suchte ihm  
die Sache auszureden; umsonst. man mußte Pferde suchen;

Aktuelle Version vom 15. Dezember 2013, 10:16 Uhr

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Die Deutschen Kolonisten in Bessarabien
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wieder in die Stepp, oder hinter den Schober, oder auf den Kirchhof, wo sich, wie er sagt, viele verstorbene Seelen um ihn versammeln, die es recht gerne sehen, wenn er sie besucht. Er hält sich oft so lange draußen auf, daß man meint er müsse erfrieren, und daß ihn Leute müssen aufsuchen und nach Hause holen. Dabei ist nicht die geringste Spur von Verwirrung, nein er ist bei vollem Verstande. Bis der neue Pastor Trtsch. ankam, haben die Brüder unter sich selbst getauft, und wenn Jemand starb, hat ihn Kr. oder Fritz weggebracht. In der That, ich richte mich weder nach der Ordnung noch nach der Obrigkeit - Gott ist meine Obrigkeit - und taufe und thue Alles, was mir vorkommt.“ Das waren Fritzens eigene Worte. Man sprach von ihm, er predigte den Geistern, und ich sah ihn mit bleichem, magerem Angesicht und doch freundlich, mit beinahe geschlossenen Augen still und in sich gekehrt, wie in innere Anschauung versunken. Im Fortgehen ließ er bei geschlossenem Mund ein unterdrücktes, halblautes Lachen in der Brust hören, und die Leute falteten ehrfurchtsvoll die Hände und sagten: „Ach, was ist das für ein Mann!“ Er ist jetzt ein tüchtiger Trunkenbold. Ernst Tschr., ein gewaltiger Prediger und Stundenhalter, der sich oft von Kolonie zu Kolonie fahren ließ, und Versammlungen hielt, schrieb unterm 11. Dez. 1830 an eine Frau Z. in Sarata einen Brief, worin er zur Einigkeit und Liebe ermahnte und den er also schloß: „ich möchte dir auch wohl erklären, was eine jede Person der Gottheit, nämlich der Vater, der Sohn und der heilige Geist, nach ihrer eigenen Kraft sei und wirke, und wie doch diese drei Personen Eins sind und Einen Gott ausmachen, - aber es ist für dich zu schwer und kannst es nicht ertragen.“ Dieser Mensch, der da meinte, alle Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben, wurde später von den Separatisten wegen seines Hochmuths ausgestoßen, bekam Anfälle von Wahnsinn und Raserei, erlahmte so, daß er sich mühsam auf Krücken lange Zeit fortschleppte, und starb endlich, weder alt- noch neukirchlich, unter gräulichen Reden eines schrecklichen Todes. - Pastor Lf. kam als Vicarius eines Sonnabends nach Beresina, um der Gemeinde das heil. Abendmahl zu reichen. Um Mitternacht stand er auf und sagte: „ich muss nach Hause; die Magdalena (eine Schwester in Sarata, die für eine halbe Prophetin gehalten wurde) ruft mich; ich will eine Fuhre, und wenn ich keine bekomme, so gehe ich zu Fuß.“ Schullehrer Geigle suchte ihm die Sache auszureden; umsonst. man mußte Pferde suchen;