Rinteln: Unterschied zwischen den Versionen
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Rinteln sicher seit Gründung befestigt: 1257 [[plancae]] sive [[murus]]. 1344 Doppelwälle u. -graben. - Von der steinernen Ringmauer Reste erhalten. 14.-15. Jh. im Befestigungsbereich auch „Hagen", d. h. dichte Hecken. Ehemals etwa 4-6 Türme: an Westmauer Weißer Turm, 1558, 1646 Gefangenenturm. 3 Tore (innere und äußere): im Norden Weser-, im Süden Seetor, Entfernung 600 m, sperrten Durchgangsstraße; Ostertor (zuerst 1328) ermöglichte seitlichen Zugang zum Markt, von diesem rund 230 m entfernt; außerdem „Wächterpforten" als Nebeneingänge. 1646 Mauern und Wälle teilweise von den Schweden zerstört. 1665-71 Ausbau zu neuzeitlicher Festung, grundlegende Umgestaltungen, Tore verlegt : Weser- und Seetor bis dahin vor Enge- bzw. Bäcker-, 1668 vor Weser- bzw. Klosterstraße vollendet, diese seitdem Durchgangs- und Hauptstraßen. Festungswerke aus Erdwällen ohne Mauerbekleidung, 7 hohle [[Bastion|Bastionen]] (mit je 12 Schießscharten), 2 [[Ravelin|Ravelins]] und 1 [[Lünette]] vor den 3 Toren, Festung während französischer Besetzung 1806/07 z. T. geschleift, Entfestigung hessischerseits 1814 fortgesetzt. Gelände 1818 an Stadt zu Erbpacht: hausbesitzenden Bürgern Anteile überlassen, 1852 zu Eigentum. Befestigungsgürtel im Westen seit 2. Jzt. des 19. Jhdts. teils zu Anlagen umgestaltet. Hauptwall seit 1902 bebaut. | Rinteln sicher seit Gründung befestigt: 1257 [[plancae]] sive [[murus]]. 1344 Doppelwälle u. -graben. - Von der steinernen Ringmauer Reste erhalten. 14.-15. Jh. im Befestigungsbereich auch „Hagen", d. h. dichte Hecken. Ehemals etwa 4-6 Türme: an Westmauer Weißer Turm, 1558, 1646 Gefangenenturm. 3 Tore (innere und äußere): im Norden Weser-, im Süden Seetor, Entfernung 600 m, sperrten Durchgangsstraße; Ostertor (zuerst 1328) ermöglichte seitlichen Zugang zum Markt, von diesem rund 230 m entfernt; außerdem „Wächterpforten" als Nebeneingänge. 1646 Mauern und Wälle teilweise von den Schweden zerstört. 1665-71 Ausbau zu neuzeitlicher Festung, grundlegende Umgestaltungen, Tore verlegt : Weser- und Seetor bis dahin vor Enge- bzw. Bäcker-, 1668 vor Weser- bzw. Klosterstraße vollendet, diese seitdem Durchgangs- und Hauptstraßen. Festungswerke aus Erdwällen ohne Mauerbekleidung, 7 hohle [[Bastion|Bastionen]] (mit je 12 Schießscharten), 2 [[Ravelin|Ravelins]] und 1 [[Lünette]] vor den 3 Toren, Festung während französischer Besetzung 1806/07 z. T. geschleift, Entfestigung hessischerseits 1814 fortgesetzt. Gelände 1818 an Stadt zu Erbpacht: hausbesitzenden Bürgern Anteile überlassen, 1852 zu Eigentum. Befestigungsgürtel im Westen seit 2. Jzt. des 19. Jhdts. teils zu Anlagen umgestaltet. Hauptwall seit 1902 bebaut. | ||
[[Bild:Rinteln-1648-Merian.jpg|thumb||800px|center|Kupferstich Matthaeus Merian der Ältere 1647:<br/> '''Rinteln, mit Weserbrücke, Windmühle vor den Mauern (1646 Mauern u. Wälle teilw. von Schweden zerstört) ''']] <br/> | [[Bild:Rinteln-1648-Merian.jpg|thumb||800px|center|Kupferstich Matthaeus Merian der Ältere 1647:<br/> '''Rinteln, mit Weserbrücke, Windmühle vor den Mauern (1646 Mauern u. Wälle teilw. von Schweden zerstört) ''']] <br/> | ||
1613: rund 1.385, 1747: 370 bürgerliche Stätten, einschl. [[Scheune|Scheunen]]; 1807: 414, 1827: 425, 1950: rund 900 Häuser. Bis 2. Hälfte 19. Jhdts. nur einzelne (1827: 8) Gebäude außerhalb Befestigung: u. a. bis nach 1617 Siechenhaus, bis 1897 Stadtschäferhof, 1373 bis um 1880 [[Ziegelei]], 1734-76 [[Glashütte]], 2 [[Krug (Gebäude)|Krüge]]. Bhf. (1875) von Stadtmitte 1.300 m entfernt, hatte Anbau neuen Stadtteils rechts der Weser zur Folge. Nahe wüstem Alt-Rinteln bei 1876 gegr. neuer [[ | 1613: rund 1.385, 1747: 370 bürgerliche Stätten, einschl. [[Scheune|Scheunen]]; 1807: 414, 1827: 425, 1950: rund 900 Häuser. Bis 2. Hälfte 19. Jhdts. nur einzelne (1827: 8) Gebäude außerhalb Befestigung: u. a. bis nach 1617 Siechenhaus, bis 1897 Stadtschäferhof, 1373 bis um 1880 [[Ziegelei]], 1734-76 [[Alte Glashütten in Westfalen|Glashütte]], 2 [[Krug (Gebäude)|Krüge]]. Bhf. (1875) von Stadtmitte 1.300 m entfernt, hatte Anbau neuen Stadtteils rechts der Weser zur Folge. Nahe wüstem Alt-Rinteln bei 1876 gegr. neuer [[Alte Glashütten in Westfalen|Glasfabrik]] Arbeitersiedlung mit werkeigenen Wohnhäusern. Stetes Anwachsen längs der Landstraßen. 1922, 1936, 1950 Stadtrandsiedlungen. 1937: 85.55 ha bebaute Siedlungsfläche. Im 14. Jhdt. erwähntes „Schloß" (1344, 1387,1395 slot) nachweislich auch sonst in Deutschland vorkommende Bezeichnung für befestigte Stadt (um 1350 Rintelner Ratsstatut über Bierniederlage „binnen unsem[!]slote"!). | ||
Zahlreiche, etwa 10-16 [[Burgmann|Burgmannshöfe]] bzw. adeligfreie Lehns- oder Erbhöfe und mehrere sogenannte sattelfreie Höfe in ähnlicher Rechtsstellung (1747: 12+4=16): erstere vorwiegend in den äußeren Baublocks an der Stadtmauer, sämtlich außerhalb bürgerlichen Grundbesitzes, anfangs z. T., später ganz von städtischen Lasten frei; meist schaumburgisch (1647 ff. hessisch und schaumburg-lippisch), zwei bischöfliche mindensche (später preußische) [[Lehen]], zwei Höfe ursprünglich Vilikationen des Klosters Möllenbeck zugehörig; nach [[Allod|Allodifizierung]] der [[Lehen]] alter Besitzstand aufgelöst, Gebäude mehrfach wohl erhalten: „Parkhof" (18. Jh.), ehem. von Eckersten, Post, von Oheimb, seit 1883 Sanatorium; „Burghof" (16. Jh.), ehem. von Zersen (bis 1732), von Sehellersheim, seit 1914 zum Sanatorium; Münchhausen-Hof (Lusthäuschen 1565, große Scheune 1598) 1527 bis heute Familienbesitz; „Eulenburg" (Steinwerk 15. Jh.), 17.-19. Jh. Kanzlei- bzw. Regierungsgebäude; „Prinzen- oder Fürstenhof" (etwa 1565/70 von Schaumburg. Kanzler Joh. Gogreve erbaut), seit 1900 Amtsgericht. Einer der Lehnshöfe nach Erfordernis als Wohnhof unmittelbar in der Hand der Landesherrn, z. B. vor 1328 Vornkampe-Hof „[[curia]] habitationis" Graf Adolfs VI., vor 1527 Münchhausen-Hof;im 18. Jhdt. (1701-25 und weiterhin) als „Prinzenhof" fürstl. hess. Absteigequartier (hier 1760 Landgraf Wilhelm VIII. gestorben). | Zahlreiche, etwa 10-16 [[Burgmann|Burgmannshöfe]] bzw. adeligfreie Lehns- oder Erbhöfe und mehrere sogenannte sattelfreie Höfe in ähnlicher Rechtsstellung (1747: 12+4=16): erstere vorwiegend in den äußeren Baublocks an der Stadtmauer, sämtlich außerhalb bürgerlichen Grundbesitzes, anfangs z. T., später ganz von städtischen Lasten frei; meist schaumburgisch (1647 ff. hessisch und schaumburg-lippisch), zwei bischöfliche mindensche (später preußische) [[Lehen]], zwei Höfe ursprünglich Vilikationen des Klosters Möllenbeck zugehörig; nach [[Allod|Allodifizierung]] der [[Lehen]] alter Besitzstand aufgelöst, Gebäude mehrfach wohl erhalten: „Parkhof" (18. Jh.), ehem. von Eckersten, Post, von Oheimb, seit 1883 Sanatorium; „Burghof" (16. Jh.), ehem. von Zersen (bis 1732), von Sehellersheim, seit 1914 zum Sanatorium; Münchhausen-Hof (Lusthäuschen 1565, große Scheune 1598) 1527 bis heute Familienbesitz; „Eulenburg" (Steinwerk 15. Jh.), 17.-19. Jh. Kanzlei- bzw. Regierungsgebäude; „Prinzen- oder Fürstenhof" (etwa 1565/70 von Schaumburg. Kanzler Joh. Gogreve erbaut), seit 1900 Amtsgericht. Einer der Lehnshöfe nach Erfordernis als Wohnhof unmittelbar in der Hand der Landesherrn, z. B. vor 1328 Vornkampe-Hof „[[curia]] habitationis" Graf Adolfs VI., vor 1527 Münchhausen-Hof;im 18. Jhdt. (1701-25 und weiterhin) als „Prinzenhof" fürstl. hess. Absteigequartier (hier 1760 Landgraf Wilhelm VIII. gestorben). | ||
Version vom 19. Mai 2013, 13:27 Uhr
Vorlage:Begriffserklärungshinweis
Hierarchie
Regional > Bundesrepublik Deutschland > Niedersachsen > Landkreis Schaumburg > Rinteln
Name
- [1] 13.-16. Jh. Rintelen, seitdem Rinteln. Lateinisch: Rintelium (ia). Sonderformen: 1153-70, 1181 Rinctelen; 1238, 1239 Rent(h)ene; um 1255 Rintene.
Landschaftslage
Rinteln liegt beiderseits der Weser inmitten des ehemals von mehreren Flußarmen mit Werderbildungen durchzogenen und dort auf 5-6 km Breite ausgeweiteten schaumburgischen Wesertales. Es wird im Norden von der ostwestlich streichen¬den, talwärts steil abfallenden, bei Rinteln bis 320 m hohen Juraschichtstufen-Kette des Wesergebirges und im Süden durch das vom Keuper aufgebaute lippische Berg- und Hügelland, südwestlich Rintelns auf 300 und 378 m ansteigend, begrenzt. In das fruchtbare Rintelner Becken mit seiner von alluvialen Kiesen und Sanden sowie einer starken Auelehmschicht gebildeten flachen Talsohle (55 bis 57 m) und seinen lößbedeckten Flußterrassen mündet unmittelbar bei Rinteln die von Süden kommende Exter. Ihr Tal öffnet seit alters den Zugang in das Lipper Bergland mit Richtung auf Barntrup und Blomberg. Der Wesergebirgspaß von Steinbergen (120 m) und seit seiner Erschließung im 19. Jhdt. der von Kleinenbremen (150 m) haben als Durchlässe zur verkehrsgünstigen Mittelgebirgsrandzone Einfluß gewonnen.
Ortsursprung
Seit 1153/70 erwähntes Dorf Rinteln (Antiquus bzw. Olden-Rintelen) auf rechtem (!) Weserufer; urgeschichtliche Besiedlung erweist früheisenzeitichen Graburnenfund (um 750 v. Chr.) an mittelalterlich belegtem Friedhof. 12./13. Jhdt. bewohnter Ort, vor Stadtgründung kurze Zeit Sitz des Klosters Rinten. Später wüst, bauliche Reste noch 1. Hälfte 17. Jhdt.; 1641 wüste Ortslage als „Bleckenstede" (Fleckenstätte) bezeichnet.
Stadtgründung
Rinteln in den 30er Jahren des 13. Jhdt. von Graf Adolf IV. von Holstein-Schaumburg (1225-1238, +1261) begründet, 14.07.1238 zuerst als Stadt genannt, 1239 mit Stadtrecht von Lippstadt bewidmet, 14.-17. Jhdt. oft bestätigt, 1517 ausdrücklich als Lippstädter Recht. Bezeichnungen civitas und oppidum nebeneinander, 14. Jhdt. auch „Schloß".
Stadtsiedlung
Bauliche Entwicklung
Rinteln planmäßige landesherrliche Stadtanlage inmitten einer Anzahl später meist wüst gewordener Siedlungen in damals durch natürliche Beschaffenheit Schutz bietendem Gelände an linkem (!) Weserufer als fester Platz und Brückenort begründet, vom namengebenden Dorf Alt-Rinteln auf gegenüber liegendem Flußufer etwa 1 km entfernt. Umriß kommt Rechteck nahe, nördliche Schmalseite stark ausgerundet. Straßennetz in Schichtenform: 3 gleichläufige ausgeprägte Längsstraßen, Querverbindungen weniger hervortretend und meist nur als schmale Gassen ausgebildet. Rechteckig. Quermarkt räumlich und baulich Mittelpunkt zwischen den Hauptstraßenzügen. 4 Stadtviertel, seit 15. Jhdt. als Ritter-, Kloster-, Weser-, Brennerstraßenviertel bezeugt.
Rinteln sicher seit Gründung befestigt: 1257 plancae sive murus. 1344 Doppelwälle u. -graben. - Von der steinernen Ringmauer Reste erhalten. 14.-15. Jh. im Befestigungsbereich auch „Hagen", d. h. dichte Hecken. Ehemals etwa 4-6 Türme: an Westmauer Weißer Turm, 1558, 1646 Gefangenenturm. 3 Tore (innere und äußere): im Norden Weser-, im Süden Seetor, Entfernung 600 m, sperrten Durchgangsstraße; Ostertor (zuerst 1328) ermöglichte seitlichen Zugang zum Markt, von diesem rund 230 m entfernt; außerdem „Wächterpforten" als Nebeneingänge. 1646 Mauern und Wälle teilweise von den Schweden zerstört. 1665-71 Ausbau zu neuzeitlicher Festung, grundlegende Umgestaltungen, Tore verlegt : Weser- und Seetor bis dahin vor Enge- bzw. Bäcker-, 1668 vor Weser- bzw. Klosterstraße vollendet, diese seitdem Durchgangs- und Hauptstraßen. Festungswerke aus Erdwällen ohne Mauerbekleidung, 7 hohle Bastionen (mit je 12 Schießscharten), 2 Ravelins und 1 Lünette vor den 3 Toren, Festung während französischer Besetzung 1806/07 z. T. geschleift, Entfestigung hessischerseits 1814 fortgesetzt. Gelände 1818 an Stadt zu Erbpacht: hausbesitzenden Bürgern Anteile überlassen, 1852 zu Eigentum. Befestigungsgürtel im Westen seit 2. Jzt. des 19. Jhdts. teils zu Anlagen umgestaltet. Hauptwall seit 1902 bebaut.
1613: rund 1.385, 1747: 370 bürgerliche Stätten, einschl. Scheunen; 1807: 414, 1827: 425, 1950: rund 900 Häuser. Bis 2. Hälfte 19. Jhdts. nur einzelne (1827: 8) Gebäude außerhalb Befestigung: u. a. bis nach 1617 Siechenhaus, bis 1897 Stadtschäferhof, 1373 bis um 1880 Ziegelei, 1734-76 Glashütte, 2 Krüge. Bhf. (1875) von Stadtmitte 1.300 m entfernt, hatte Anbau neuen Stadtteils rechts der Weser zur Folge. Nahe wüstem Alt-Rinteln bei 1876 gegr. neuer Glasfabrik Arbeitersiedlung mit werkeigenen Wohnhäusern. Stetes Anwachsen längs der Landstraßen. 1922, 1936, 1950 Stadtrandsiedlungen. 1937: 85.55 ha bebaute Siedlungsfläche. Im 14. Jhdt. erwähntes „Schloß" (1344, 1387,1395 slot) nachweislich auch sonst in Deutschland vorkommende Bezeichnung für befestigte Stadt (um 1350 Rintelner Ratsstatut über Bierniederlage „binnen unsem[!]slote"!).
Zahlreiche, etwa 10-16 Burgmannshöfe bzw. adeligfreie Lehns- oder Erbhöfe und mehrere sogenannte sattelfreie Höfe in ähnlicher Rechtsstellung (1747: 12+4=16): erstere vorwiegend in den äußeren Baublocks an der Stadtmauer, sämtlich außerhalb bürgerlichen Grundbesitzes, anfangs z. T., später ganz von städtischen Lasten frei; meist schaumburgisch (1647 ff. hessisch und schaumburg-lippisch), zwei bischöfliche mindensche (später preußische) Lehen, zwei Höfe ursprünglich Vilikationen des Klosters Möllenbeck zugehörig; nach Allodifizierung der Lehen alter Besitzstand aufgelöst, Gebäude mehrfach wohl erhalten: „Parkhof" (18. Jh.), ehem. von Eckersten, Post, von Oheimb, seit 1883 Sanatorium; „Burghof" (16. Jh.), ehem. von Zersen (bis 1732), von Sehellersheim, seit 1914 zum Sanatorium; Münchhausen-Hof (Lusthäuschen 1565, große Scheune 1598) 1527 bis heute Familienbesitz; „Eulenburg" (Steinwerk 15. Jh.), 17.-19. Jh. Kanzlei- bzw. Regierungsgebäude; „Prinzen- oder Fürstenhof" (etwa 1565/70 von Schaumburg. Kanzler Joh. Gogreve erbaut), seit 1900 Amtsgericht. Einer der Lehnshöfe nach Erfordernis als Wohnhof unmittelbar in der Hand der Landesherrn, z. B. vor 1328 Vornkampe-Hof „curia habitationis" Graf Adolfs VI., vor 1527 Münchhausen-Hof;im 18. Jhdt. (1701-25 und weiterhin) als „Prinzenhof" fürstl. hess. Absteigequartier (hier 1760 Landgraf Wilhelm VIII. gestorben).
Pfarr-bzw. Marktkirche St. Nikolai im Stadtmittelpunkt: 1238 erstmalig als ecclesia in civitate erwähnt. 1257 zuerst ecclesia forensis, 1320 ecclesia parrochialis genannt, Nikolauspatrozinium seit 1286 bezeugt. Auf ältere, vielleicht basilikale Anlage zurückgehende 3schiffige, gotische Hallenkirche (An¬fang 14. Jhdt.), Westturm erhielt anstatt alten Spitzhelms Ende 18. Jhdts. stark verjüngten Ba¬rockaufsatz mit Laterne. Stadtkirche mit Pfarrhof (dos, wedem) von Stadtherrn 1238 an Kloster Rinteln, das damit Patronatsrecht erlangt (noch 1538 geübt), 1471 völlig inkorporiert; seit Reformation beide Pfarrer vom Stadtrat bestellt. 1544 und 1566 Kalandshof genannt.
Frühere Kapellen:
- Unser-Lieben-Frauen-Kapelle auf Weserbrücke bzw. vor Wesertor seit 1383 erwähnt,
- Unser-Lieben-Frauen-Kapelle an St.-Nikolai-Kirche (1401),
- Simon-Juda-Kapelle an Klosterkirche (seit 1442 erwähnt),
- Kapelle auf Seebrücke bzw. vor Seetor (1444, 1542),
- Marienkapelle vor Ostertor, 1450 begr. (Besetzungsrecht des Rates),
- Neue Kapelle Unser-Lieben-Prauen an St.-Nikolai-Kirche, 1484 begr.,
- Katharinenkapelle am „Luhderberg" oberhalb R., 1522 von Graf Anton von Schaumburg begr.
- 1622 Dreifaltigkeitskapelle auf neuem Friedhof vor Ostertor geweiht.
Benediktinerinnenkloster St. (Marien und) Jakobi: Anfangs Zisterzienserinnen von Bischoferode (wüst vor Stadthagen u. dort 1224 vorhanden) um 1230 von Graf Adolf IV. nach Alt-Rinteln verlegt, dort 1235 und 1237 erwähnt; siedelte 1237/38 in neue Stadt über, 1238 vom Gründer ausgestattet, 1296 Bestätigung Papst Benedikts VIII.; unterstand Aufsicht und geistlicher Betreuung des Benediktinerklosters St. Moritz und Simeon in Minden, nach dessen Beitritt zur Bursfelder Kongregation (1464) auch Rinteln reformiert und in Bursfelder Rezessen genannt; im Zuge schaumburgischer Reformation 1563 aufgehoben. Klostergebäude mit anschließendem Wirtschaftshof an Südwestmauer, Neubauten 1518-25. Klausurnordteil bildete 1257 zuerst genannte, 1schiffige gotische Klosterkirche ohne Chor, 1754 und 1879 neue Dachreiter. Klostergebäude und Einkünfte 1621 Universität Rinteln zugewiesen; zufolge Restitutionsedikts 1630 bis 1633 Okkupation für Bursfelder Kongregation und englische Benediktinern überlassen; nach Aufhebung der Universität in deren Räumen 1817 ff. Gymnasium. Klostergebäude 1875 und 1890 niedergelegt und daselbst Schulneubau errichtet. Kirche einziger Rest der Gesamtanlage, 1659 an reformierte Gemeinde (auch Universität und Garnisonkirche).
Im Mittelalter drei Termineien auswärtiger Klöster: Mindener Dominikaner (1365, 1433, 1435), Herforder Franziskaner (1326 Baustätte in Rinteln er¬worben, 1365 genannt, 1530 ff. adel. Sitz), Herforder Augustiner-Eremiten (1365, 1522). Terminei der „ Schwarzen Mönche" (Augustiner ?) nachweislich von Anton von Eckersten (1535 tot) angekauft, als adeliger Sitz zugelassen und im 16./17. Jh. „Termin(hof)" genannt, Nachbesitzer im 18. Jhdt. von Friesenhausen, 1952 Haus Ritterstr. 7-8. Neugotische St.-Sturmi-Kirche 1888 von kath. Gemeinde erbaut.
Ackerbürgerhäuser (fast durchweg Giebelstellung) seit 1517 erhalten. Rathaus am Markt (bis 1900 Verwal¬tungssitz, seitdem ausschließlich Gaststätte): kleinerer Westbau mit Frührenaissance-Staffelgiebel, Umbau 1583; größerer Ostbau, zwischen 1598 und 1604 mit Volutengiebel in den Formen der Weser¬renaissance erbaut. 1350 „gymnasium", d. i. Gilde- oder Rathaus, 1542 „Kleines" Rathaus erwähnt. Brot- und Metzgerscharren - letzterer zuerst Mitte 14. Jh., Brothaus 1450, 1530 - bis 18. Jh. am Markt. Daselbst Hauptwache, später aufgestockt, darin vor 1900 Amtsgericht, danach Stadtverwaltung. Gegen 1747 Komman¬dantur über Wesertor errichtet, 1952 Zollamt. Seit 1620 Rats- und Univ.-Apotheke am Markt. 1890 Post, 1898 Landratsamt, 1937 Stadtsparkasse, 1876 bzw. 1909 Oberschulen für Jungen und Mädchen erbaut. Stadtschule: 1480, 1542 am Kirchplatz, 1603 Neubau; heutige Gebäude 1831, 1899 und 1952. 1238 ff. Wassermühle des Klosters bzw. 1563 ff. der Landesherrschaft, 1566 Neubau. 1494 und 1616 Windmühlenprivileg für Stadt Rinteln (1616-69 auf Stadtwall). Brücke (über Weser?) um 1255, Weserbrücke zuerst 1383, 1623 kriegszerstört, 1658 neu errichtet; ab 1713 im Sommer Schiffbrücke, im Winter Fähre. 1847 bis 1927 Steinpfeilerbrücke (1877 Eisenüberbau), seit 1928 eiserne Bogenbrücke. 1900 neuer Kreis¬hafen.
Überschwemmungen
Rinteln durch Befestigung im allgemeinen hochwasser¬geschützt, jedoch bei Großhochwasser (1552, 1643, 1682, 1740) z. T. Stadt selbst überschwemmt.
Zerstörungen
Keine nennenswerten Gebäudeschäden im 2. Weltkrieg; 04.04.1945 jedoch Weserbrücke ge¬sprengt, Wiederaufbau Ende 1946 vollendet. [2]
Bevölkerung
Ältere Einwohnerzahlen
1550: 910 Kopfsteuerpflichtige (ohne Adel und Geistlichkeit sowie Kinder, die noch nicht „tom Altar Christi gewest"). 1613: 386 schoßpflichtige Hausbesitzer. 1747: 2.240 Einwohner (E.) (m. 996, w. 1.244, darunter 430 Männer, 525 Frauen, 421 Söhne, 507 Töchter, 145 Knechte, 212 Mägde zuzüglich 71 Studenten und Garnison). 1775: 2.357 E. (m. 1.054, w. 1.303, 468 Männer, 600 Frauen, 429 Söhne, 461 Töchter, 61 Knechte, 48 Gesellen, 48 Lehrjungen, 242 Mägde). 1795: 2.498 E. (m. 1.149, w. 1.349).
Seuchen
[1516] (370 Tote), 1540, 1599, 1626, 1637 Pest.
Bevölkerungsverzeichnisse
- Bürgerbücher: Bürgerbuch seit 1666 (vorher Neubürger in Gerichts- bzw. Ratsprotokollen 1585 ff.).
- 1723 bis 1766 Stadtgerichtiche Eheprotokolle. Schoßpflichtige bis 1880 in Kämmereirechnungen 1675 ff. Schatzregister 1613-16. Einwohnerverzeichnisse 1773-1832.
- Kirchenbücher: luth. seit 1605 Tauf-, 1648 Trau-, 1650 Totenbücher (dazu städt. Totengräber - Reg. 1624-29)
- Kirchenbücher: ref. (mit Garnison) seit 1659
- Kirchenbücher: kath. seit 1869
- Adreßbücher: 1927, 1939, 1950 für Kr. Grafschaft Schaumburg.
- Universitäts-Matrikeln verloren
Berühmte Personen
- Burgmannsgeschlechter: von Bardeleben, von Eckersten, von Münchhausen, Post, von Wartensleben, von Westphalen, von Zersen.
- Seßhafte Bürgergeschlechter: seit 15. Jhdt. Bödeker, Knübel, seit 16. Jhdt. Brüggemann.
- Bekannte Rintelner Professoren-Familien: Fürstenau (Med.), Kahler (Theol.), Pestel (Jur.), Wippermann (jur. Lehr¬stuhl Familienstiftung!).
- Hilmar von Münchhausen, Söldnerführer (Obrist), * 1512, t Steyerberg 1573, Burgsitz in Rinteln
- Josua Stegmann, Theologe und Kirchenliederdichter, * Sülzfeld (Thür.) 1588, t Rinteln 1632, 1621 ff. Prof. in Rinteln
- Johannes Gisenius, Theol., * Dissen 1577, t Lieme bei Lemgo 1658, 1621-52 Prof. in Rinteln
- Andreas Henrich Buchholz, Romanschriftsteller, * Schöningen 1607, t Braunschweig 1671,1639-47 Prof. Theol. in Rinteln
- Gerard Wolter Molanus, Theol., * Hameln 1633, t Hannover 1722, 1659-74 Prof. in Rinteln
- Thomas Abbt, Popularphilosoph, * Ulm 1738, t Bückeburg 1766,1761-65 Prof. in Rinteln
- Joh. Aug. Ludw. Wegscheider, Theol., * Küblingen 1771, t Halle/Saale 1849, 1806-10 Prof. in Rinteln
- Carl Wilhelm Wippermann, kurhess. Politiker und Staatsmann, * Rinteln 1800, t Rinteln 1857, 1826-32 Stadtsekretär bzw. Bgm. in Rinteln, schaumburgischer Spezialhistoriker.
- Franz (Freiherr von) Dingelstedt, Theaterintendant und Schriftsteller, * Halsdorf 1814, t Wien 1881, Jugend in Rinteln.
- Georg Osterwald, Maler und Graphiker, * Rinteln 1803, t Köln 1884.
- Christian Kröner, Tier- und Jagdmaler, *Rinteln 1838, t Düsseldorf 1911.
Jüngere Einwohnerzahlen
Stand 1952: 1804: 2.267 Einwohner (E.), 1812: 2.791 E. (m. 1.270, w. 1.521), 1827: 3.207 E. (m. 1.539, davon bis 7: 252, 7-14: 203, 14-70: 1.049, über 70: 35, w. 1.668, davon bis 7: 206, 7-14: 200, 14-70: 1.232, über 70: 30), 1837: 2.975 E., 1849: 3.377 E., 1858: 3.156 E., 1861: 3.255 E. (m. 1.560, w. 1.695), 1880: 4.334 E. (m. 2.164, w. 2.170), 1890: 4.045 E., 1900: 4.765 E. (m. 2.339, w. 2.426), 1905: 5.329 E., 1916: 5.751 E. (m. 2.832, davon 792 im Wehrdienst, 29 gefangen, w. 2.919), 1925: 5.430 E. (m. 2.525, w. 2.905), 1933: 5.672 E., 1939: 5.790 E. (m. 2.648, w. 3.142), 1946: 9.324 E. (m. 3.989, w. 5.335). 01.01.1950: 10.301 E. 1939: 1.862, 1946: 3.171 Haushaltungen. 1946 (Wohnsitz 1939): Rinteln 5.015, Westzone 2.086, östl. Oder/Neiße 1.414, Ostzone und Berlin 600, Ausländer 281. - 01.01.1950: Altbevölkerung 5.910, Vertriebene 2.227 (darunter rund 1.030 Schlesier, 540 Pommern, 425 Ostpreußen, 125 Brandenburger), 1.969 Umquartierte.
Sprache
Ratsurkunden (älteste 1252) 13. Jhdt. und 1. Hälfte 14. Jhdt. lat., dt. zuerst 1356, dann niederdeutsche Amtssprache. Wohl 70er Jahre 16. Jhdt. endgültiger Übergang zur mitteldeutschen Kanzlei- bzw. niederdeutschen Schriftsprache, im täglichen Gebrauch noch mehr oder weniger mundartlich durchsetzt (Kämmereirechnungen 1558 niederdeutsch, 1586 hochdeutsch; Richter urkundete 1560, Rat 1564, Geistliche und Knappe 1570 niederdeutsch; Rat 1578, Stadtsekretär 1582 hochdeutsch.). Weiterhin Niederdeutsche Umgangssprache. Die Mundart liegt 1952 in dem keilartigen Zwischengebiet zwischen Westfälisch und mik-Gebiet (Kennzeichen: mi 'mir und mich', sin '(ich) bin'); sie ist 1952 im ganzen durch eine Hinwendung der bisher Mundart sprechen¬den Schichten zum Hochdeutsch bedroht.
Politische Einteilung
Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit
Evangelische Kirchen
Der Ort Goldbeck, gehört zur Lippischen Landeskirche.
Katholische Kirchen
Geschichte
Genealogische und historische Quellen
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Bibliografie
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Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
| GOV-Kennung | RINELNJO42NE | ||||||||||||||||||||
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| Einwohner |
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| externe Kennung |
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| Karte |
TK25: 3820 |
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| Zugehörigkeit | |||||||||||||||||||||
| Übergeordnete Objekte |
Rinteln/St.Nikolai ( Kirchspiel) Rinteln (St. Sturmius) ( Pfarrei) Rinteln (1814 -) ( Stadt) Rinteln, Rinteln (1807 - 1813) ( Kanton) Quelle Schauenburg, Schaumburg, Rinteln, Grafschaft Schaumburg (- 1807) ( GrafschaftGrafschaftKreisBezirkKreisLandkreis) |
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| Untergeordnete Objekte |
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