Plaschken und Pleine - Gegenwart und Erinnerung: Unterschied zwischen den Versionen
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Unser Weg führt uns nun entlang des Landweges durch [[Pleine]]. Ein ganz ungewöhnliches Bild bietet sich uns. '''Uigschies'''' Wäldchen ist abgeholzt, nur Weiden- und Erlenstrauch wächst an seiner Stelle. Wie oft haben wir hier die ersten Erd- und Blaubeeren gepflückt! Dahinter steht '''Uigschies'''' Bauernhof, nur der Schuppen fehlt. Nahe dem Landwege stehen auch noch die Gebäude von '''Schulz'''. Nun empfängt uns eine Öde. Das ganze Land, links und rechts des Weges, ist versteppt und voller Unkraut. Auf einigen kahlen Feldern wirbelt der Wind den Sand hoch in die Luft und trägt ihn meilenweit fort. Von vielen einst stattlichen Bauernhöfen sind nur Ruinen und halbverfallene Schornsteine übrig geblieben. Sogar die Obstbäume und Zäune sind verschwunden. Nach etwa einer halben Stunde Marsch erreichen wir das Anwesen von Annus '''Woska'''; nur das Wohnhaus ist stehen geblieben. Etwas weiter auf der linken Wegseite steht noch das Wohnhaus von '''Bernoth'''. Die '''"Wilkenytsche"''' ist inzwischen viel größer geworden. Fast bis an den Landweg reicht sie heran. In jedem Winter sind hier Wölfe gesehen worden. Das angrenzende Land, bis weit hinter dem zerstörten Schulgehöft, gleicht der Sandwüste Sahara.<br> | Unser Weg führt uns nun entlang des Landweges durch [[Pleine]]. Ein ganz ungewöhnliches Bild bietet sich uns. '''Uigschies'''' Wäldchen ist abgeholzt, nur Weiden- und Erlenstrauch wächst an seiner Stelle. Wie oft haben wir hier die ersten Erd- und Blaubeeren gepflückt! Dahinter steht '''Uigschies'''' Bauernhof, nur der Schuppen fehlt. Nahe dem Landwege stehen auch noch die Gebäude von '''Schulz'''. Nun empfängt uns eine Öde. Das ganze Land, links und rechts des Weges, ist versteppt und voller Unkraut. Auf einigen kahlen Feldern wirbelt der Wind den Sand hoch in die Luft und trägt ihn meilenweit fort. Von vielen einst stattlichen Bauernhöfen sind nur Ruinen und halbverfallene Schornsteine übrig geblieben. Sogar die Obstbäume und Zäune sind verschwunden. Nach etwa einer halben Stunde Marsch erreichen wir das Anwesen von Annus '''Woska'''; nur das Wohnhaus ist stehen geblieben. Etwas weiter auf der linken Wegseite steht noch das Wohnhaus von '''Bernoth'''. Die '''"Wilkenytsche"''' ist inzwischen viel größer geworden. Fast bis an den Landweg reicht sie heran. In jedem Winter sind hier Wölfe gesehen worden. Das angrenzende Land, bis weit hinter dem zerstörten Schulgehöft, gleicht der Sandwüste Sahara.<br> | ||
Die Weggabelung haben wir erreicht. Früher stand hier ein Wegweiser, der mit seinen Armen nach [[Plaschken]], [[Mädewald]] und [[Szameitkehmen]] zeigte. Einen Umweg machend, folgen wir dem Weg nach [[Szameitkehmen]] und kommen am Friedhof vorbei. Verwüstet liegt er da, die Gräber sind alle verfallen. Die Fliederhecke wuchert über die ganze Hecke. So haben unsere Gräber wenigstens im Frühjahr ihren Blumenschmuck. Die Umfriedung und die Brunnenrohre sind entfernt und "enteignet" worden. Auch die übrigen Friedhöfe sind alle geschändet und bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Unsere zurückgebliebenen Landsleute begraben die Verstorbenen auf dem nächstgelegenen Friedhof, während die Litauer ihre Toten auf einem Friedhof in [[Rucken]] beerdigen. | Die Weggabelung haben wir erreicht. Früher stand hier ein Wegweiser, der mit seinen Armen nach [[Plaschken]], [[Mädewald]] und [[Szameitkehmen]] zeigte. Einen Umweg machend, folgen wir dem Weg nach [[Szameitkehmen]] und kommen am Friedhof vorbei. Verwüstet liegt er da, die Gräber sind alle verfallen. Die Fliederhecke wuchert über die ganze Hecke. So haben unsere Gräber wenigstens im Frühjahr ihren Blumenschmuck. Die Umfriedung und die Brunnenrohre sind entfernt und "enteignet" worden. Auch die übrigen Friedhöfe sind alle geschändet und bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Unsere zurückgebliebenen Landsleute begraben die Verstorbenen auf dem nächstgelegenen Friedhof, während die Litauer ihre Toten auf einem Friedhof in [[Rucken]] beerdigen.<br> | ||
Gleich in der Nähe war unser '''Gemeindezentrum''' mit dem '''Bürgermeister''' Paul '''Poeppel''' und dem '''Kassenrendanten''' Franz '''Kausch'''. Nur das Wohnhaus und der Stall von '''Kausch''' sind stehen geblieben. Weiter südlich im Felde stehen noch die Gebäude von '''Mitzkat''' und das Wohnhaus von '''Walter'''.<br> | |||
Halbverfallen steht noch das Spritzenhaus am Wege. Die gute alte Feuerspritze hat schon früher oft gestreikt, heute ist sie ganz ausrangiert. Dahinter ist '''Pollaks''' Wohnhaus stehen geblieben. Einige hundert Meter weiter steht noch das Wohnhaus von Heinrich '''Woska'''. Ganz erhalten sind die Wirtschaft von '''Staschull''' und '''Naujoks'''. Bei '''Babion''' steht nur das halbe Wohnhaus, bei E. '''Wohlgemuth''' nur das Wohnhaus und der Stall. Östlich '''Naujoks''' auf dem Felde von '''Pollack''' ist ein neues Gebäude erbaut und als Staats-Hühnerfarm eingerichtet. Der ein Hektar große Platz ist mit einem 2 m hohen Maschendrahtzaun umgeben worden um die etwa 2000 weißen Leghorn-Hühner vor den Füchsen aus dem nahen Torfbruch zu schützen. Außerdem steht die Farm unter dauernder Bewachung.<br> | |||
Auf dem "Bahnsteg" kommen wir in südlicher Richtung an '''Tautrims''' Gutshof vorbei. Nur das Wohnhaus und ein Teil des Stalls stehen noch. '''Petrowskis''' Hof ist erhalten, von August '''Willuhns''' Wirtschaft fehlt die neue Scheune. Kurz vor [[Pageldienen]] steht noch das Wohnhaus von Richard '''Woska'''.<br> | |||
Wird fortgesetzt! | |||
Quelle: Memeler Dampfboot Nr. 7 vom 5. April 1960 | Quelle: Memeler Dampfboot Nr. 7 vom 5. April 1960 | ||
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Version vom 16. Februar 2010, 06:35 Uhr
1960 von Richard Taudien:
Mädewald ist heute keine Bahnstation mehr. In dem 1939 erbauten Bahnhofsgebäude wird nur Schrankendienst gemacht. Auf der Chaussee nach Galsdon Joneiten überqueren wir die Gleise. Von rechts grüßt Paul Merkners Bahnhofsgastwirtschaft. Der Name auf dem Schild ist mit weißer Farbe überpinselt worden. Hinter der Gartenhecke taucht die Reiffeisen Meierei auf. An dem Geklapper der Milchkannen erkennen wir, dass sie auch jetzt in vollem Betrieb ist. Auf der anderen Straßenseite steht nur das Wohnhaus des Polizeimeisters Woelfert. Bald ist die Kreuzung mit der Landstraße Tilsit-Memel erreicht. Von der Drogerie Jodexnus stehen nur das Wohnhaus und der Stall. Schapeits Wirtschaft ist erhalten geblieben. Auch die Gebäude von Lehrer Schmidt früher Leitner stehen noch. Hier ist das jetztige Bezirksamt untergebracht. Launerts Haus dient wieder als Verkaufsladen. Bei Rose steht nur das Schlachthaus mit der Fleischerei, das jetzt zum Wohngebäude umgebaut worden ist.
Von der hier hochgelegten Landesstraße können wir einen Blick auf einen Teil von Pleikischken werfen. Zu sehen sind nur das Wohnhaus von Fleischermeister Gottschalk und die Gebäude von Walter und Karl Wohlgemuth. Verschwunden sind die Höfe von Lessau, R. Schukies, R. Gawehn, Balnus, E. Lorenscheit, Woischwill und viele andere. Natürlich sind auch die Baracken des weiblichen RAD-Lagers abgebrochen worden.
Unser Weg führt uns nun entlang des Landweges durch Pleine. Ein ganz ungewöhnliches Bild bietet sich uns. Uigschies' Wäldchen ist abgeholzt, nur Weiden- und Erlenstrauch wächst an seiner Stelle. Wie oft haben wir hier die ersten Erd- und Blaubeeren gepflückt! Dahinter steht Uigschies' Bauernhof, nur der Schuppen fehlt. Nahe dem Landwege stehen auch noch die Gebäude von Schulz. Nun empfängt uns eine Öde. Das ganze Land, links und rechts des Weges, ist versteppt und voller Unkraut. Auf einigen kahlen Feldern wirbelt der Wind den Sand hoch in die Luft und trägt ihn meilenweit fort. Von vielen einst stattlichen Bauernhöfen sind nur Ruinen und halbverfallene Schornsteine übrig geblieben. Sogar die Obstbäume und Zäune sind verschwunden. Nach etwa einer halben Stunde Marsch erreichen wir das Anwesen von Annus Woska; nur das Wohnhaus ist stehen geblieben. Etwas weiter auf der linken Wegseite steht noch das Wohnhaus von Bernoth. Die "Wilkenytsche" ist inzwischen viel größer geworden. Fast bis an den Landweg reicht sie heran. In jedem Winter sind hier Wölfe gesehen worden. Das angrenzende Land, bis weit hinter dem zerstörten Schulgehöft, gleicht der Sandwüste Sahara.
Die Weggabelung haben wir erreicht. Früher stand hier ein Wegweiser, der mit seinen Armen nach Plaschken, Mädewald und Szameitkehmen zeigte. Einen Umweg machend, folgen wir dem Weg nach Szameitkehmen und kommen am Friedhof vorbei. Verwüstet liegt er da, die Gräber sind alle verfallen. Die Fliederhecke wuchert über die ganze Hecke. So haben unsere Gräber wenigstens im Frühjahr ihren Blumenschmuck. Die Umfriedung und die Brunnenrohre sind entfernt und "enteignet" worden. Auch die übrigen Friedhöfe sind alle geschändet und bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Unsere zurückgebliebenen Landsleute begraben die Verstorbenen auf dem nächstgelegenen Friedhof, während die Litauer ihre Toten auf einem Friedhof in Rucken beerdigen.
Gleich in der Nähe war unser Gemeindezentrum mit dem Bürgermeister Paul Poeppel und dem Kassenrendanten Franz Kausch. Nur das Wohnhaus und der Stall von Kausch sind stehen geblieben. Weiter südlich im Felde stehen noch die Gebäude von Mitzkat und das Wohnhaus von Walter.
Halbverfallen steht noch das Spritzenhaus am Wege. Die gute alte Feuerspritze hat schon früher oft gestreikt, heute ist sie ganz ausrangiert. Dahinter ist Pollaks Wohnhaus stehen geblieben. Einige hundert Meter weiter steht noch das Wohnhaus von Heinrich Woska. Ganz erhalten sind die Wirtschaft von Staschull und Naujoks. Bei Babion steht nur das halbe Wohnhaus, bei E. Wohlgemuth nur das Wohnhaus und der Stall. Östlich Naujoks auf dem Felde von Pollack ist ein neues Gebäude erbaut und als Staats-Hühnerfarm eingerichtet. Der ein Hektar große Platz ist mit einem 2 m hohen Maschendrahtzaun umgeben worden um die etwa 2000 weißen Leghorn-Hühner vor den Füchsen aus dem nahen Torfbruch zu schützen. Außerdem steht die Farm unter dauernder Bewachung.
Auf dem "Bahnsteg" kommen wir in südlicher Richtung an Tautrims Gutshof vorbei. Nur das Wohnhaus und ein Teil des Stalls stehen noch. Petrowskis Hof ist erhalten, von August Willuhns Wirtschaft fehlt die neue Scheune. Kurz vor Pageldienen steht noch das Wohnhaus von Richard Woska.
Wird fortgesetzt!
Quelle: Memeler Dampfboot Nr. 7 vom 5. April 1960